(Daß mir zunächst Kurt Tucholsky einfiel, sei schwatzhafterweise am Rande erwähnt, der hat auch mal sowas ähnliches geäußert, aber eher etwas profaneren Sinnes ...)Doro hat geschrieben: und am Ende unseres Weges
bleibt für uns die Frage:
Haben wir genug geliebt?
Haben wir wirklich jemals genug geliebt?
Kommen wir zum "Ernst des Lebens",
"Da ist ein Land der Lebenden und ein Land der Toten, und die Brücke zwischen ihnen ist die Liebe - das einzig Bleibende, der einzige Sinn."
("There is a land of the living and a land of the dead and the bridge is love, the only survival, the only meaning.")
So läßt Thornton Wilder seine beachtenswerte "Brücke von San Luis Rey" enden, in der es übrigens auf interessante spielerische Weise um das sogenannte "Theodizeeproblem" geht, das halt nicht wirklich eines ist ... (Wilder läßt u.a. einen scheitern, der da "beweisen" will, daß halt "alles wohlgetan" ist, nur "beweisen" läßt sich das halt nicht, aber vielleicht erahnen, erfühlen ...)
Aber das mit der Liebe ist nun halt auch so eine Sache, erzwingen läßt sie sich nicht ... wo keine ist, ist halt keine ... Kommt halt darauf an was man unter Liebe versteht. Es muß nicht unbedingt, salopp ausgedrückt, Gefühlsduselei sein, es kann auch Liebe zur Erkenntnis, zum Reifen, zum (inneren) Wachstum sein ... objektunabhängig ...
Hemingways Figur Krebs hat "niemanden lieb", muß aber dewegen weder unglücklich noch gescheitert sein ... (Er erweist sich gar als klug und reif, als er erkennt, daß er das ja nicht jedem auf die Nase binden muß, daß er niemanden lieb hat ... er kann es für sich behalten, um niemandem weh zu tun ... eine interessante Form von Ethik ...)
Wo man nicht mehr lieben kann, da soll man - vorübergehen, heißt es bei Nietzsche, und vorübergehen kann auch ganz leicht & locker und entspannt sein, es braucht weder unglücklich, verbittert, sonstnochwas sein ...
Thomas Manns Leverkühn erhält die Botschaft "Du darfst nicht lieben" sozusagen auf den Kopf zugesagt, und der Leser hat nicht den Eindruck, daß ihm das so schwerfällt, damit umzugehen ...
Ach da fällt mir noch "Ich hatte mich im Hochgebirg verstiegen" von Christian Morgenstern ein, das hatte ich mal vor dreieinhalb Jahrzehnten an der Wand hängen, da geht es auch um ich und du usw., aber heute denke ich, es muß ggf. auch allein gehen, und auch ohne Liebe ...