Epoche?

StefanS
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Epoche?

Beitrag von StefanS »

Hallo,
in der Schule beschäftigen wir uns zur Zeit mit den literarischen Epochen von Spätmittelalter über Barock, Klassik und Romantik bis hin zum Expressionismus.
Heute Mittag stellte sich mir auf einmal die Frage, zu welcher literarischen Epoche eigentlich Karl May gehört. Strikt der zeitlichen Einteilung folgend, könnte er dem Realismus 1848-1890), Naturalismus (1880-1900) und auch dem Expressionismus (1905-1925) zugeordnet werden. Außerdem schien es von 1890 bis 1920 auch einige neuromantische Strömungen gegeben zu haben. Diesen würde ich vor allem sein Spätwerk (insbes. A&D) zuteilen, da sich darin immer wieder Motive der Romantik finden lassen:
Ardistan und Dschinnistan:
-die Vermischung von symbolischem Roman und Märchen
-das Übermenschliche oder Unmenschliche spielt eine große Rolle
-die Sehnsucht nach Dschinnistan, nach einem Dasein als Edelmensch, nach Frieden und Mitmenschlichkeit
-eine starke Beziehung zur Natur (v.a. in Ardistan und Märdistan)
-das Motiv der Umkehr (mir ist nicht mehr der ganze Roman erinnerlich, aber war es der Herrscher von Ardistan, der von Kara Ben Nemsi zum Besseren bekehrt wurde?)

Dies wäre jetzt eine kurze Argumentation dafür, dass Mays Spätwerk zu jenen neuromantischen Strömungen gehört. Wahrscheinlich sind seine Kolportageromane und Reiseerzählungen anderen Epochen zuzuordnen, da "Der verlorene Sohn" z.B. das soziale Elend der Weber und Arbeiter besonders hervorheben soll (Realismus?).

Ich hoffe, es kann mir jemand bei der Beantwortung dieser Frage behilflich sein, wenn es auch nur ein kleiner Beitrag sein sollte.

Vielen Dank und schöne Grüße
Stefan Schawe
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rodger
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Beitrag von rodger »

Karl May hat über diese allso (das ist, in etwa, eine Kombination aus „allseits“, „allzeit“ und „so“, und nicht etwa ein falsch geschriebenes „also“)

:lol:

beliebten Eintüterei- und Schubladenspielereien vermutlich niemals nachgedacht, und ich auch nicht. Aber es gibt in dieser Versammlung durchaus den einen oder anderen, die da sicher gerne helfen. Ob Karl May das, was sie Dir erzählen werden, irgendwie ernstgenommen hätte, mag auf einem anderen Blatt stehen …

:wink:
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Wolfgang Sämmer
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Beitrag von Wolfgang Sämmer »

Im Jahre 1909 verfaßte Karl May einen Text, der über seinen Roman "Ardistan und Dschinnistan" Auskunft geben sollte und in dem es heißt:
In diesen beiden Bänden bestätigt sich Karl May nicht als das, wofür man ihn in gewissen Kreisen zu halten pflegt, sondern als das, was er in Wirklichkeit ist: Der Entdecker vollständig neuer Sujet-Welten. Der Pionier eines bisher unbekannten literarischen und künstlerischen far west. [...] Er geht unbeirrt seinen eigenen, vorher von keinem Anderen betretenen Weg [...] Er ist kein Schriftsteller, sondern ein Rätsellöser.
Verständlich, daß so mancher Kunst- und Literaturpapst (der Ausdruck stammt von May selbst) seine Schwierigkeiten mit dem Rätsellöser hatte.
Meine Bücher verursachen den obengenannten Päpsten Kopfzerbrechen. Die wissen nicht, wohin sie mit ihnen sollen. Für das, was ich schreibe, gibt es bei ihnen weder einen besonderen Kasten noch eine besondere Nummer. Sie können also nicht antworten, wenn man sie nach mir fragt. Darum werfen sie mich gleich lieber zum Fenster hinaus, da sind sie mit mir fertig.
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rodger
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Beitrag von rodger »

Danke, Herr Sämmer.

Genau das:
Darum werfen sie mich gleich lieber zum Fenster hinaus, da sind sie mit mir fertig.
fiel mir, anders ausgedrückt, vorhin auch noch ein:

Da Karl May normalerweise gar nicht ernstgenommen wird in literaturwissenschaftlichen und sonstigen gebildeten Kreisen, hat er, im Gegensatz zu durchaus "feineren Geistern", gewissermaßen das Glück, von der Eintüterei in Epochen, Stilrichtungen u. dgl. verschont zu bleiben. Er fällt einfach unter "Trivialliteratur", und fertig ist der Lack.

:wink:
marlies

Beitrag von marlies »

vielleicht hilft dies:
http://karlmay.leo.org/kmg/seklit/JbKMG/1981/11.htm
es spricht nicht gerade von 'Epoche', kann aber unter Umstaenden doch hilfreich sein.
Kurt Altherr
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Beitrag von Kurt Altherr »

Im inneren Zirkel der Karl-May-Gesellschaft wird Karl Mays Alterswerk schon wahrgenommen und seit 1969 - vergeblich - versucht, dem Autor einen würdigen und angemessenen Platz in der Hochliteratur einzuräumen.

Allein, der Karl-May-Verlag und seine Anhänger haben Karl May zu einem "Volksschriftsteller" verkommen lassen und Verlagsgründer Dr. E.A. Schmid und sein Adlatus Franz Kandolf machten nie einen Hehl daraus, das sie mit Karl Mays Alterswerk nichts anzufangen wußten.
Werner Fleischer

Beitrag von Werner Fleischer »

Ich habe allerdings den Eindruck das auch der größte Teil der Leser mit dem Alterswerk Karl Mays nichts anzufangen wissen.

Vielleicht liegt es daran daß Karl May ab 1900 nur noch Rechtfertigungsschriften in literarischer, brieflicher und sonstiger Korrespondenz verfaßte.
Kurt Altherr
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Beitrag von Kurt Altherr »

Ohne Karl Mays Alterswerk wäre die Welt für mich um einiges ärmer.

Immer wieder ein Lesegenuss Karl Mays "Winnetou IV" in der Originalfassung von 1909/10.
Thomas Math
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Beitrag von Thomas Math »

Fuer mich gibts weder hohe noch niedrige Literatur.Gut ist was gelesen wird.May's Alterswerk mag ja dem einen oder anderen liegen,Geschmaecker sind verschieden.Aber seien wir mal ehrlich haette May nur sagen wir A & D,Friede auf Erden und den spaeten Silberloewen geschrieben,waere er heute und wohl auch seinerzeit voellig unbekannt geblieben.
Kurt Altherr
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Beitrag von Kurt Altherr »

Da haben Sie völlig recht, Herr Dr. Math, damals wie heute hätte man Karl May mit diesen Werken nicht zur Kenntnis genommen.

Allerdings meinte Dr. Lorenz Krapp (1882-1947), das mit einem anderen Verlag - nicht F.E. Fehsenfeld - Karl May hätte erfolgreicher sein können. Dr. Krapp dachte kurzzeitig selbst daran, die Alterswerke zu verlegen. Aus familiären Gründen geschah dies jedoch nicht.
Thomas Math
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Beitrag von Thomas Math »

Tut mir leid von einem Lorenz Krapp habe ich nie gehoert.
Ich glaube aber kaum,dass May mit einem anderen Verleger erfolgreicher gewesen waere.
May's Spaetwerk mag ja den einen oder anderen Leser haben,aber auch mit mehr Marketing bliebe es eine Randerscheinung.
Dem KMV kann man im uebrigen zu Gute halten,dass er das Werk jahrzehntelang publiziert hat.
Obwohl ich glaube,dass viele das Spaetwerk kaufen um einen "echten" May zu bekommen und dann masslos enttaeuscht sind.
Der KMV profitiert sicher in gewissem Masse von diesem Effekt.
Sandhofer
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Beitrag von Sandhofer »

Thomas Math hat geschrieben:Fuer mich gibts weder hohe noch niedrige Literatur.Gut ist was gelesen wird.May's Alterswerk mag ja dem einen oder anderen liegen,Geschmaecker sind verschieden.Aber seien wir mal ehrlich haette May nur sagen wir A & D,Friede auf Erden und den spaeten Silberloewen geschrieben,waere er heute und wohl auch seinerzeit voellig unbekannt geblieben.
Er würde wohl heute als Geheimtipp gehandelt wie ein Scheerbart, ein Panizza oder ein Bierbaum ...
Werner Fleischer

Beitrag von Werner Fleischer »

Ich kenne niemanden außerhalb der das Spätwerk Karl May als Hochliteratur sieht. Niemand hat es bisher in irgendeinen Kanon aufgenommen. Selbst Karl Arno Schmidt muss als Teil der Karl May Gemeinde gelten.
Thomas Math
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Beitrag von Thomas Math »

Wie gesagt eine hohe oder niedrige Literatur gibt es nicht.Ich teile auch May's Werk nicht ein in hoch,niedrig oder irgendwie dazwischen.
Mir ist das Waldroeschen immer noch lieber,als das Friedensgesaeusel in Friede auf Erden.
Nur weil ein Werk komplex ist, heisst das ja noch lange nicht,das es gut ist.
Mag ein jeder lesen was er will,irgendwelche "Kanon"s sind doch voellig irrelevant.
Apropos "Karl Arno Schmidt" ich setze mal voraus,dass da Arno Schmidt gemeint ist,ueber dessen Biografie man in diesem Forum auch Posts findet,dieser Herr hatte wohl eine ziemlich gestoerte Psyche und warum so jemand als Referenz gelten soll ist mir schleierhaft.
Dernen
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Beitrag von Dernen »

Thomas Math hat geschrieben: Apropos "Karl Arno Schmidt" ich setze mal voraus,dass da Arno Schmidt gemeint ist,ueber dessen Biografie man in diesem Forum auch Posts findet,dieser Herr hatte wohl eine ziemlich gestoerte Psyche und warum so jemand als Referenz gelten soll ist mir schleierhaft.
Es ist die Frage, was Sie unter einer "gestörten Psyche" verstehen. Oder, anders gefragt: Was verstehen Sie unter einer nicht-gestörten Psyche? Arno Schmidt war ein Autor, der Karl Mays Alterswerk als künstlerisch interessant quasi neu entdeckt hat und damit die Beschäftigung mit May - jenseits der Rezeption als reiner Unterhaltungsautor - angeregt hat. Wollschlägers Monographie über Karl May wäre ohne die Schmidtsche Anregung wohl kaum möglich gewesen. Welche Biografie meinen Sie übrigens? Schmidt hat niemals eine solche über May geschrieben.

Viele Grüße

Rolf Dernen
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