Auf Reisen

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rodger
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Auf Reisen

Beitrag von rodger »

In der KMG-Mailingliste waren dieser Tage Betrachtungen und Überlegungen zu gewissen Reise-Umständen zu lesen, wie Quartier, akustische Belästigungen u.ä.

Dazu fiel mir diese Stelle ein
Ich weiß gar wohl, daß die sogenannten »Pioneers der Civilisation« nicht immer zur Elite der Gesellschaft gehören, und daß man besonders in den Hafenstädten des Orients nicht erwarten darf, nur auf geistige Nachkommen von Knigge zu stoßen; es flegelt sich sogar in den Salons und auf den Promenadendecks erster Klasse unserer Lloyddampfer so mancher Passagier herum, der seinem rücksichtslosen Benehmen nach eigentlich auf das Zwischendeck gehört, und es kann vorkommen, daß, während ich ein vorüberrauschendes Schiff betrachte, eine Dame sich gerade so und in der Weise vor mich hinstellt, daß sie mich auf beide Füße tritt, obgleich mehr als genug Platz zu beiden Seiten ist; auch weiß ich gar wohl, daß die meisten dieser gesellschaftlichen oder ungesellschaftlichen Gepflogenheiten aus einer ganz bestimmten Gegend stammen und dort großgezogen werden; aber es kann mir doch nicht einfallen, aus dem Grunde, daß einzelne Personen sich für Uebermenschen halten, deren ganzes Volk als Uebernation zu betrachten, sondern ich weiß, daß sie wie jede andere und auch die unserige ein Recht auf Nachsicht und Verzeihung hat, und pflege diese Milde besonders gern an ihren Uebermenschen auszuüben, weil sie ihrer am bedürftigsten sind. Darum war ich auch jetzt entschlossen, den Lärm im Nebenzimmer, welcher immer mehr in Radau ausartete, ohne Gegenwehr über mich ergehen zu lassen.

Aber es wurde mir außerordentlich schwer gemacht, diesem Vorsatze treu zu bleiben. Der Wein heizte, und der Kognak brannte. Die Hilfsgeister eines falschen Patriotismus wuchsen riesengroß; das laute Sprechen, welches vom Dache über uns mit doppelter Starke zurück und in alle Zimmer geworfen wurde, steigerte sich zum Lärm und drohte zum Skandal zu werden. Man schrie, man schimpfte, man lachte, man sang Trutzlieder; man gröhlte und johlte; man warf Flaschen und Gläser an die Wand, und zwar zu Ehren dieses oder jenes Ministers oder Diplomaten. Da stand ich denn doch auf, zog mich an und ging hinaus, um mir von dem Wirt ein anderes Zimmer geben zu lassen.
(Und Friede auf Erden)

Wir sehen

a.) gutbestückter Geldbeutel und gehobenes Ambiente schützen nicht vor [u.a.] Lärm & Verdruss

b.) Old Shatterhand ist friedlicher geworden.
markus
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Re: Auf Reisen

Beitrag von markus »

Ich habe, nach dem lesen der ersten Mail, diese lästigen Mails direkt gelöscht. Hoffe jetzt ist Ruhe.

8) :wink:
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rodger
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Re: Auf Reisen

Beitrag von rodger »

Das sagt der Richtige ... (Wer im Schwatzhaus sitzt ...)

:D
markus
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Re: Auf Reisen

Beitrag von markus »

Aber wär mal wieder Zeit Karl May zu lesen, lange nicht mehr gemacht.

:D
markus
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Re: Auf Reisen

Beitrag von markus »

rodger hat geschrieben:Das sagt der Richtige ... (Wer im Schwatzhaus sitzt ...)

:D
:lol:
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Re: Auf Reisen

Beitrag von markus »

rodger hat geschrieben:Das sagt der Richtige ... (Wer im Schwatzhaus sitzt ...)

:D
Ich zwing ja niemanden mein Gelabere auf... :wink: :mrgreen:
markus
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Re: Auf Reisen

Beitrag von markus »

Außerdem halte ich mich ja seit einiger Zeit (vornehm?) zurück.

8)
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rodger
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Re: Auf Reisen

Beitrag von rodger »

Aber nochmal zum friedlichen Old Shatterhand im Hotelzimmer,

dazu fällt mir wiederum die Sache aus dem anderen Thread ein, die mit der (vereinfacht ausgedrückt) Umwandlung von Haß-Energie in Liebes-Energie ... oder von Wut in Mitgefühl ...

Immer und ausschließlich ist das freilich hien iden (das falsche Leerzeichen ist Absicht. Es versteht heute zwar niemand mehr, aber ich habe vor sieben oder acht Jahren versprochen, dieses Wort nur noch so zu schreiben, und halte das durch ... :lol: ) nicht angezeigt ... (und insofern die eine interessante unbeabsichtigte Umkehrung (in jenem Thread) gar nicht grundsätzlich so abwegig ...) und so lesen wir denn auch kurz nach der oben zitierten Stelle
Da packte mich ein zweiter am Halse. Wir standen unweit der Treppe, welche eine gebrochene war und also nicht in gerader Linie aufwärts, beziehendlich abwärts führte. Ich stieß ihm die Faust in die Magengegend, daß er von mir weg und an die Wand flog, und riß mich von dem, der mich am Arme hielt, los. Da brüllten die anderen Vier, denn es waren ihrer sechs, wütend auf und drangen auf mich ein. Ich versuchte, sie mit den Fäusten von mir abzuhalten. Da ertönte hinter mir Sejjid Omars Stimme arabisch:
»Soll ich, Sihdi? Erlaubst du es?«
»Ja,« antwortete ich. »Wir werfen sie die Treppe hinunter, alle sechs. Dann wird hier oben Ruhe!«
Indem ich das sagte, unterlief ich den mir am nächsten Gekommenen. Er hatte das nicht erwartet, und ehe er daran denken konnte, sich von meinem Griffe, mit dem ich ihn über den Hüften packte und emporhob, loszumachen, flog er die Treppe hinab. Und nun war es eine Lust, meinen Sejjid arbeiten zu sehen! Er sprang um die Kerle herum, so daß sie zwischen ihn und die Treppe zu stehen kamen, und packte den ersten Besten am Schenkel und an der Brust. Ein Ruck, ein Schwung, und der Mann flog dem vor mir Expedierten nach. Ihm folgte sofort eine zweite Lieferung aus meiner und eine ebensolche aus Omars Hand. Die zwei noch übrigen Gentlemen schlugen auf uns ein. Wir wurden von einigen unschädlichen Fausthieben getroffen, auf die wir gar nicht achteten; dann ging es mit den Beiden ebenso treppab wie mit den andern Vier vorher.
Watt mutt datt mutt ...

Vgl. auch
Der schwere, sicher treffende Bärentöter, der fünfundzwanzigschüssige Henrystutzen, mit denen Du uns aus so vielen Gefahren rettetest, sie wurden weggepackt. Du wolltest Dich nicht mehr auf die Waffen, sondern auf die Liebe, auf die Humanität verlassen. Aber weißt Du, was dann kam? Was die Folge war?"
"Ich weiß es wohl," gestand ich ein.
"Nun, was?"
"Die Vorsicht trat an Stelle des Mutes. Wir erlebten nichts mehr."
"Ja, so ist es! Die Humanität brachte uns um die Abenteuer. Wir erlebten nichts mehr. Und nun kommt meine Frage: Soll das in Ardistan und Dschinnistan auch so sein? Willst Du auch dort den Waffen Schweigen gebieten?"
"Nein."
Da kam er mit einem großen Freudensprunge auf mich zu, faßte meine Hand und rief:
"Nicht, wirklich nicht, Effendi?"
"Ich sage, nein."
"Warum?"
"Weil es Wahnsinn wäre, in einem Lande, wie Ardistan ist, auf sie zu verzichten. Ich bin überzeugt, es wäre unser sicherer Tod."
(das steht in „Ardistan und Dschinnistan“ ziemlich zu Beginn, nachdem die Waffen in Silberlöwe IV abgelegt wurden.)
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rodger
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Re: Auf Reisen

Beitrag von rodger »

markus hat geschrieben:Aber wär mal wieder Zeit Karl May zu lesen, lange nicht mehr gemacht.

:D
Gute Idee. Ich habe in den letzten Monaten auch zu viel anderes gelesen, bzw. zu wenig May, man kommt regelrecht auf Entzug ...

:roll:
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rodger
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Re: Auf Reisen

Beitrag von rodger »

Und hier noch eine Anregung für finanzschwache Reisende,
Eben waren sie an einen freien Platz gekommen, welcher ringsum von hohen, dicht belaubten Linden umgeben war, als sie eine dunkle Gestalt bemerkten, welche ausgestreckt im hohen Grase lag.

»Wer ist das?« frug der Oberst. »Sollte sich ein Landstreicher herein in den Park gemacht haben?«

Sie traten näher.

»Wer ist hier?« klang die barsche Frage des Schloßherrn.

Die Gestalt wickelte sich aus der sie umhüllenden Decke und erhob sich. Es war der Indianer.

»Das große Wigwam meines weißen Bruders ist schöner als die Wohnung Manitou's, aber der Sohn der Prairie liebt die freie Luft und den Glanz der Sterne. Winnetou, der Häuptling der Apachen wird schlafen in den Halmen des Grases und sich bedecken mit den Wolken des Himmels, wie es thun die Kinder seines Volkes von Jugend auf. Howgh!«– – –
(Das ist der Schluß von "Auf der See gefangen")

:D
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Re: Auf Reisen

Beitrag von rodger »

Oder, wer's halt mag, die geselligere Variante,
Ein eigentümliches, röchelndes Grunzen weckte mich aus dem Schlafe. Oder war es nur das Schnarchen eines meiner Schlafgefährten oder einer meiner Schlafgefährtinnen gewesen? Es herrschte in der hermetisch verschlossenen Winterhütte eine Atmosphäre, welche ganz zum Verzweifeln war. In dem engen Raume hatten acht Menschen und fünf Hunde Platz gefunden, aber fragt mich nur nicht, wie! Diese dreizehn Geschöpfe staken mit ihren zweiundfünfzig Vorder- und Hinderbeinen so neben-, über-, unter- und durcheinander, daß die Entschlingung so zahlreicher und verworrener Gliedmaßen eine absolute Unmöglichkeit zu sein schien.

In der Mitte der aus Rentierfellen erbauten Zelthütte kohlten die Ueberreste eines riesigen Feuers, dessen stechender Rauch eine einzige, undurchdringliche Wolke bildete, da die Abzugsöffnung zugedeckt worden war. Ich lag mit dem Kopfe auf der fischthranduftenden Hüfte der guten Mutter Snjära, welcher Name zu deutsch »Maus« bedeutet; mein rechtes Bein stak unter dem Leibe des alten Onkel Sätte, welches Wort mit »Pfeil« übersetzt werden muß, und mein linker Fuß diente einem der Hunde als Kopfkissen. Vater Pent, d. i. Benedikt, der Gesegnete, hatte sich meinen Pelzrock aufgeknöpft, um sein teures Haupt auf die Gegend meines Magens zu betten, so daß der Schwanz des Hundes, welchem er selbst als Matratze diente, mir lieblich krabbelnd um die Nase strich. Zu diesen unschätzbaren Bequemlichkeiten kam die Hitze, welche sich innerhalb meiner luftdichten Fell- und Pelzbekleidung entwickelte, und der aromatisch-diabolische Duft einer dreizehnfachen Trans- und Respiration nebst der Lebhaftigkeit jener kleinen, ritterlichen Geschöpfe, welche in solcher Hundenähe unvermeidlich sind, und von denen der alte, lustige Fischart gesungen hat: »Mich beizt neizwaz, waz mag daz gseyn?« Zieht man dazu in Betracht alle diatonischen und chromatischen Herzensergießungen, deren schnarchendes Fortissimo das Zelt erfüllte, so wird man es nicht unbegreiflich finden, daß ich mich für einen Augenblick dem weichen Arm des Schlafs entwand.
(Auf fremden Pfaden, Saiwa tjalem)
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Re: Auf Reisen

Beitrag von rodger »

Zu
Eine Reiserücktrittsversicherung wäre auch eine Option.
(ebenfalls aus der Mailingliste)

fiel mir spontan
An die beabsichtigte Reise nach Hadramaut war nun nicht mehr zu denken
:D

ein.

(Als ich den Satz dann im Internet suchte und nicht fand, meinte ich mich zu erinnern daß der in einer Bearbeitung stand (und May das Thema Hadramaut in Band 3 nach notgedrungener Änderung der Reisepläne einfach ohne weitere Erwähnung fallenließ), ob aber in der aktuellen oder einer der früheren, kann ich im Moment nicht klären, da die Bücher gerade nicht zur Hand sind.)

8)
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Re: Auf Reisen

Beitrag von rodger »

Offenbar doch original May, wie weitere Suche ergab ...
Allerdings läßt er diesen Schlußworten noch einen Satz folgen: An die einst beabsichtigte Reise nach dem Hadhramaut war nun nicht mehr zu denken. (347) Das bezieht sich auf jenen Dialog Kara Ben Nemsis mit Hassan Ardschir-Mirza am Anfang ihrer Bekanntschaft: »Darf ich fragen, welches dein Ziel ist?« - »Hadramaut.« - Hadramaut! Dieses Wort elektrisierte mich. Das unerforschte gefährliche Hadramout! Da war plötzlich alle Abspannung und aller Mißmut verschwunden. (201) Und hieran knüpft jene Szene in Bagdad an, die - weil für den eigentlichen Gang der Handlung unerheblich - sonst keinerlei Sinn hätte: die Szene, in der Kara Ben Nemsi im Gespräch mit dem wegen einer Blutrache nach Bagdad verschlagenen Lastträger(37) erfährt, daß dieser »aus Kara, da wo der Wadi Montisch mit dem Wadi Qirbe zusammenfließt« stammt (273), also »Aus der Gegend der Ssayban im Belad Beni Yssa«, mit anderen Worten: aus Hadramaut. »... ich will jenes Land erst besuchen.« (Ebd.)

Ganz richtig. Karl May wollte im April 1869 Hals über Kopf mit zwei Amerikanern, die er zufällig kennengelernt hatte, nach Amerika reisen (H 72, 221-222) - in das von ihm unerforschte, möglicherweise aber gar nicht so sehr gefährliche Land, mußte aber unversehens davon Abstand nehmen und bekannte sich zu dieser seiner Absicht ausdrücklich in einer seiner Vernehmungen im Juli 1869 in Mittweida (H 72, 222). Kein Wunder, daß auch diese Reminiszenz in "Die Todes-Karavane" einfloß, worin sich so vieles um Mittweida dreht.

Die Einlieferung ins Zuchthaus Waldheim machte alles zunichte. Und nach der Entlassung von dort war wegen der zwei Jahre Polizeiaufsicht an eine Wiederaufnahme der Auswanderungspläne so bald nicht zu denken. Aber auch das Verfolgen und Erreichen geistiger Ziele, wie Karl May sie sich einst, in Osterstein und kurz danach, gesteckt hatte, setzte, wenn schon nicht körperliche, so doch zumindest geistige und seelische Bewegungsfreiheit voraus, und beides hatte Karl May sich durch seinen Rückfall in kriminelle Zwangshandlungen verdunkelt und verbogen. Daß Waldheim ihm nicht zur Stätte bleibenden Seelendunkels, sondern zur Quelle neuen Lichtes wurde, ist das Wunder, dem wir den Keim zu Karl Mays unvergänglichen Reiseerzählungen verdanken. Die zwei Jahre Polizeiaufsicht ermöglichten ihm immerhin die Tätigkeit als Redakteur bei Heinrich Münchmeyer, wo er sein Handwerk in den vielfältigen Spielarten von der Pike auf zu beherrschen lernte. Die Jahre von 1877 bis zur Heirat im Sommer 1880 wurden dann die Stationen der harten, zähen Bewährung mit manch neuen Versuchungen. Und dann konnte Karl May die Reise ins unerforschte gefährliche Hadramout doch noch beginnen - die »Reise ins Innere« (Heinz Stolte)(38), in sein eigenes Hadramaut, das Reich seiner Seele mit all ihren Absonderlichkeiten, Abgründen, Schrecken, Schönheiten und Wundern. Wie es sich uns noch heute darbietet beim Lesen seiner Werke.
Ilmer ('Von Kurdistan nach Kerbela'). Insbesondere die beiden Schlußsätze: sehr gut.
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Re: Auf Reisen

Beitrag von rodger »

markus hat geschrieben:Außerdem halte ich mich ja seit einiger Zeit (vornehm?) zurück.

8)
Das ist bedauerlich ... (lieber regelmäßig Interessantes unter allerhand Unfug als gar nichts Interessantes ... 8) )

In Sachen Foren fallen mir, da ich ja, wie mir schon schriftlich gegeben wurde, außer Zitieren bekanntlich nichts kann, zwei Stellen ein, beide mal nicht von Karl May, zum einen "Tot denn alles, alles tot" und zum anderen "Gibt denn keiner, keiner Antwort" ...

:mrgreen:
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