Emma May

Hermann Wohlgschaft
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Re: Emma May

Beitrag von Hermann Wohlgschaft »

Ich sage ja nur: So AUSSCHLIESSLICH negativ sah May die frühere Ehefrau erst um und nach 1902. Zu dieser ganz und gar abschätzigen Sichtweise des älteren May gehört vor allem die Dämonisierung von Emmas Sexualität, während der jüngere May in dieser Hinsicht wohl eher zwiespältige Gefühle hatte. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der 40- oder 50-jährige May von Emmas Erotik nur abgestoßen und nicht zugleich auch angezogen war. Es scheint mir im Gegenteil wahrscheinlich, dass die Faszination überwog.

Im übrigen ging es mir im Eintrag vom 18.5.08 gar nicht so sehr um einen strikten Gegensatz von älterem und jüngerem May. In erster Linie wollte ich nur sagen, dass mir die Art wie May in der ‚Pollmer-Studie’ über Emma herzieht, überhaupt nicht gefällt. (Was wiederum nicht heißen muss, dass Mays Darstellung in der ‚Studie’ rundherum unzutreffend wäre.)
Hermann Wohlgschaft
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Re: Emma May

Beitrag von Hermann Wohlgschaft »

Im Blick auf eine Nebenbemerkung von Rüdiger Wick in einem anderen Thread (›May-Treue‹, im Saloon) möchte ich festhalten: Das Jb-KMG 2001 habe ich sehr gründlich gelesen, deshalb kann ich sagen:

Karl May kommt in den Ausführungen Gabriele Wolffs sehr viel besser weg als Emma Pollmer. Denn mit guten Argumenten ist die Autorin der Meinung, dass Mays Darstellung in der ›Pollmer-Studie‹ im wesentlichen (d. h. was die Fakten und nicht nur die emotionale Färbung betrifft) der Wahrheit entspricht.
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rodger
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Re: Emma May

Beitrag von rodger »

Ich bleibe bei meiner Aussage. Ich habe geschrieben

"Versuchte sie nicht, in durchschmeckbarer weiblicher Teil-Solidarität doch die eine oder andere Kohle für sie aus dem Feuer zu holen ? Und den ollen May entsprechend "alt" aussehen zu lassen ?"

was nicht beinhaltete, sie habe Frau Pollmer insgesamt besser "wegkommen" lassen als ihn ... Man denke sich zwecks angemesseneren Verständnisses [z.B.] vor "entsprechend" ein "an den Stellen".

Übertreiben veranschaulicht: Ich las einmal in einem Theatermagazin den Satz "Kein Wunder, daß Ferdinand ausrastet". Das ist, ins Gesicht springend: Reduzieren einer Thematik bei Schiller auf das Bewußtsein derer / dessen, die / der diesen Satz geschrieben hat. Bei Frau Wolff empfinde ich es ähnlich, wenn auch auf einer höheren Ebene ... Reduzieren der May / Pollmer-Thematik auf das eigene Bewußtsein (der "modernen Frau" ...). Mit, auch das sei gerne wiederholt, unterschwellig durchschmeckbarer Parteinahme im Strindbergschen Mann - Frau - Dauerbrenner ... (wenn auch keineswegs durchgängig. Ist doch klar.)

Ich habe das Buch übrigens auch gründlich gelesen. Nur halt manchmal [zwar gründlich aber] eher zustimmungsfrei und nicht bis zu Ende. Irgendwann hatte ich halt keine Lust mehr ...
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rodger
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Re: Emma May

Beitrag von rodger »

Vorsichtshalber, noch einmal: ich lehne keineswegs das ganze Buch ab, aber halt einige Stellen ...

z.B. diese,

"ist das nachfolgend wiedergegebene Gedicht das wohl gruseligste, das jemals einer Frau zum Hochzeitstag gewidmet worden sein dürfte" (S. 233)

Das ist schon von der Wortwahl her: - gruselig ... (hier paßt's ...) (und die Wortwahl (dort)verrät den Inhalt: unverständige, arg reduzierte / reduzierende Fehlinterpretation.) Empfindet Frau Wolff z.B. "Tristan und Isolde" auch als "gruselig" ? Das steht (u.a.) [in etwa] das gleiche drin ...

Und daß Klara besagtes Gedicht Mays in ihr Tagebuch eingetragen habe, zeuge von "geradezu masochistischer Unterwerfung", lesen wir auf S. 235 ...

Übrigens schrieb Richard Wagner seinerzeit augenzwinkernd die Notiz "Nachts lachen Tristan und Isolde, sonst wären sie tagsüber nicht so traurig" ... so ähnlich (mal so, mal so ...) dürfte es auch in Mays zweiter Ehe zugegangen sein. Von gedanklicher Beschäftigung mit sozusagen weiterführenden Dingen darauf zu schließen, man habe allenfalls vielleicht gerade noch Händchen gehalten und ansonsten von morgends bis abends über letzte Dinge nachgegrübelt, dürfte ganz falsch sein ...
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rodger
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Re: Emma May

Beitrag von rodger »

("Ich hätte doch nicht blättern sollen" ... (frei nach Büchner / Berg))

Auf S. 305 zitiert Frau Wolff Mays inhaltlich sehr schönes und sehr wesentliches Gedicht "Von Kampf zu Kampf" und schreibt sozusagen allen Ernstes wörtlich darunter "Die Welt, die lockende, liebevoll winkende, die zwar gegen das Gewissen nichts wirklich Erhebliches aufzubieten hat, die aber dennoch bis zur Ohnmacht umspinnt, der man verfällt, unterliegt, nicht entrinnen kann, diese Welt ist die der weiblichen Sexualität." Dazu fehlen mir freundlicherweise die Worte ...

(http://himmelsgedanken.npage.de/von_kam ... 82201.html)
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rodger
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Re: Emma May

Beitrag von rodger »

... und, hoppala, noch ein Bezug zu JB 2001,

http://himmelsgedanken.npage.de/dein_auge_68795185.html
Zwockel

Re: Emma May

Beitrag von Zwockel »

Emma Pollmer war etwas einfach gestrickt, an sexuellen Dingen sehr interessiert und überhaupt nicht an den Arbeiten ihres Mannes. Praktisch veranlagt, eine sehr gute Köchin und Gastgeberin, hatte sie durchaus ihre Vorzüge. Mit ihrem Mann, der in seinen Traumwelten lebte, hatte sie da schon ihre Probleme und natürlich Karl May mit Emma. Sie passten halt überhaupt nicht zusammen. Feuer und Eis.
Dass Emma von der so genannten Karl May Forschung dämonisiert wird und zum "schrecklichen Weib" herabgestuft wird, zeugt eher von Inkompetenz der Karl-May-Forscher. Und überhaupt, wie kann ein Karl-May-Biograf, der als katholischer Pfarrer über keinerlei Eheerfahrung verfügt, da zu einem fachbezogenen Urteil befähigt sein.
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rodger
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Re: Emma May

Beitrag von rodger »

Zwockel hat geschrieben:Emma Pollmer war etwas einfach gestrickt, an sexuellen Dingen sehr interessiert und überhaupt nicht an den Arbeiten ihres Mannes. Praktisch veranlagt, eine sehr gute Köchin und Gastgeberin, hatte sie durchaus ihre Vorzüge. Mit ihrem Mann, der in seinen Traumwelten lebte, hatte sie da schon ihre Probleme und natürlich Karl May mit Emma. Sie passten halt überhaupt nicht zusammen.

Stimme zu.
Dass Emma von der so genannten Karl May Forschung dämonisiert wird und zum "schrecklichen Weib" herabgestuft wird,
Sozusagen heraufgestuft. Und eher nicht von der Forschung, sondern Karl May himself.

:wink:
Und überhaupt, wie kann ein Karl-May-Biograf, der als katholischer Pfarrer über keinerlei Eheerfahrung verfügt, da zu einem fachbezogenen Urteil befähigt sein.
Kann er. Man muß glücklicherweise nicht alles selber erlebt haben, um es einigermaßen beurteilen zu können ... Karl May war ja auch nicht im Llano estacado, z.B. ...

:wink:
Zwockel

Re: Emma May

Beitrag von Zwockel »

In der Tat, Herr Wick, Karl May war nicht im Llano Estakado und deshalb hat er ihn so herrlich falsch beschrieben. Herr Math wird das sicher bestätigen können.

Und so verhält es sich auch mit weltfremden Biografen Karl Mays.

Durch meine Enkelin hatte ich Gelegenheit, die Karl May Szene kennenzulernen. Da sträuben sich die Nackenhaare, wenn man diese Leute näher kennenlernt.
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rodger
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Re: Emma May

Beitrag von rodger »

Zwockel hat geschrieben:Karl May war nicht im Llano Estakado und deshalb hat er ihn so herrlich falsch beschrieben.
Er hat ja eigentlich gar nicht primär den Llano estacado gemeint, und das, was er eigentlich [mit, zusätzlich] gemeint hat, sehr richtig beschrieben ... Mag sein, daß der "richtige" Llano da nicht mithalten kann ...

:D
Und so verhält es sich auch mit weltfremden Biografen Karl Mays.
Die 3 Bände Hermann Wohlgschafts ("Biographie" ist in dem Zusammenhang m.E. eher ein Behelfsbegriff, auch wenn's draufsteht) gehören zu meinen intensivsten & erfreulichsten Leseerlebnissen. Weltfremdheit ist da nicht.
Da sträuben sich die Nackenhaare, wenn man diese Leute näher kennenlernt.
Das glaube ich Ihnen auf's Wort ... :D Zu besagter 'Szene' könnte man mal á la Gullivers Reisen einen Text verfassen, in dem sie alle, alle vorkommen ... (da gab's mal einen Filmtitel, "Ein Käfig ..." :D)
Hermann Wohlgschaft
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Re: Emma May

Beitrag von Hermann Wohlgschaft »

Auch in der »Karl-May-Szene« gibts natürlich solche und solche. :wink:

Was Gabriele Wolffs Kommentar zu Mays (im Dezember 1902 entstandenem) Gedicht für Klara betrifft, teile ich die Auffassung Rüdigers, dass Frau Gordon-Wolff in diesem Punkt nicht zuzustimmen ist. Mays Gedicht ist für mein Empfinden keineswegs »gruselig«, ganz im Gegenteil. In der nächsten Nummer des ›Beobachters an der Elbe‹ (Dezember 1910) gehe ich auf Mays Gedicht ein und widerspreche dabei der Deutung Wolffs.

Dass ein katholischer Pfarrer, bloß weil er nicht verheiratet ist, zum Thema Ehe und Partnerbeziehung nichts Vernünftiges sagen könne, ist natürlich krasser Unsinn. :wink:
Zwockel

Re: Emma May

Beitrag von Zwockel »

Hermann Wohlgschaft hat geschrieben:Auch in der »Karl-May-Szene« gibts natürlich solche und solche. :wink:

Was Gabriele Wolffs Kommentar zu Mays (im Dezember 1902 entstandenem) Gedicht für Klara betrifft, teile ich die Auffassung Rüdigers, dass Frau Gordon-Wolff in diesem Punkt nicht zuzustimmen ist. Mays Gedicht ist für mein Empfinden keineswegs »gruselig«, ganz im Gegenteil. In der nächsten Nummer des ›Beobachters an der Elbe‹ (Dezember 1910) gehe ich auf Mays Gedicht ein und widerspreche dabei der Deutung Wolffs.

Dass ein katholischer Pfarrer, bloß weil er nicht verheiratet ist, zum Thema Ehe und Partnerbeziehung nichts Vernünftiges sagen könne, ist natürlich krasser Unsinn. :wink:
Nein, das ist kein krasser Unsinn. Sie waren und sind nicht verheiratet. Sie haben nie kennengelernt, was es heißt, wenn die Frau einen Seitensprung macht, Gelder von denen sie nichts wissen zur Seite schafft, nicht kochen kann und den Haushalt und die Kinder vernachlässigt, bei Freundinnen über sie her tratscht. Nein, Herr Wohlgschaft, nicht böse sein, aber Sie können da wirklich nicht mitreden.

Aber fairer Weise gebe ich zu, dass Männer auch nicht ohne sind und nicht immer prefekte Ehemänner.

Anderseits sind Sie in einer beneidenswerten Situation, denn dem Ehestress mußten Sie sich nie aussetzen.
Hermann Wohlgschaft
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Re: Emma May

Beitrag von Hermann Wohlgschaft »

Nach dieser Logik dürften über Frauen, die Seitensprünge machen, Gelder zur Seite schaffen, nicht kochen können, den Haushalt und die Kinder (Emma hatte übrigens keine Kinder) vernachlässigen, nur Männer schreiben, die selbst mit solchen Frauen verheiratet sind oder waren. :wink:

Dass ich in einer beneidenswerten Situation bin, will ich übrigens gar nicht bestreiten. :D
Thomas Math
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Re: Emma May

Beitrag von Thomas Math »

Ob May und Emma nicht zusammenpassten sei mal dahingestellt,dass es immerhin 20 Jahre funktioniert hat und May in dieser Zeit from Kriminellen zum erfolgreichen Schriftsteller aufstieg ist aber ein Fakt.
May hat seine Frau mit ihrer besten Freundin hintergegangen, einen spriritistische Betrug inszeniert um eine fuer ihn sehr vorteilhafte Scheidung zu bekommen, und er hat zeitlebens gelogen oder wenn er nicht anders konnte die absurdesten Ausreden erfunden.
Wenn schon jemand in dieser Beziehung gelitten hat dann sicher nicht nur May.
Die Studie ist ein Beispiel von uebelster Nachrede und wirft auf ihren Verfasser ein ausserst schlechtes Licht.
Ich werde nie verstehen warum man KM immer in Schutz nimmt,wobei dessen Charakter sagen wir mal fragwuerdig war.
Was Eheberatung durch katholische Priestere angeht so stimme ich Zwockel zu.Ich lasse meinen Blinddarm ja auch nicht vom Klempner rausnehmen.
Hermann Wohlgschaft
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Re: Emma May

Beitrag von Hermann Wohlgschaft »

Zwar habe ich in Tübingen eine Ausbildung in Gesprächstherapie (incl. Partnerberatung) absolviert, bei meiner Darstellung des Beziehungsdramas Karl May/Emma Pollmer - im Rahmen der May-Biographie - ging es aber nicht um Eheberatung, sondern um die Schilderung und Kommentierung eines sehr schwierigen Kapitels in der Lebensgeschichte Karl Mays.

Der obige Eintrag von Th. M. strotzt nur so von gröbsten Vereinfachungen und irreführenden Halbwahrheiten.
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