Einige sehr bemerkenswerte Stellen:
Endlich einmal eine – in dieser Eindeutigkeit sehr seltene – angemessene Würdigung.In „Schacht und Hütte“ veröffentlicht Karl May seine Aufsatzreihe „Geographische Predigten“, ein weltanschauliches Programm, inhaltlich anspruchsvoll und sprachlich von hoher Qualität – eine erstaunliche Leistung.
(S. 49)
Interessanter Gedanke. Zwar bin ich im konkreten Fall nicht recht seiner Meinung, finde es aber beachtenswert, daß einer überhaupt so zu denken in der Lage ist, so in der Art meint Wollschläger sein wunderbares „He loved him“ in „Die Insel“, S. 97, über Arno Schmidt und May angesichts der von Schmidt losgelassenen vermeintlichen Nur-Haß-Tiraden.der im stillen nie aufhörte, seine Emma zu lieben, und dessen in den Prozessschriften ausbrechende wilde Hasstiraden und maßlose Übertreibungen diese Liebe, nur weil sie zum Scheitern verurteilt war, gewaltsam zuschütten.
(S. 104)
Stark: „ nicht ablegen will“, vielleicht weil er erkannt hat daß er das gar nicht kann … (da fällt mir das Wohlgschaft-Zitat zu Carpio wieder ein: „In Carpio, dem 'zerrissenen', teilnahmslosen, zur Selbst-Zerstörung tendierenden Depressiven, hat der Schriftsteller das Erbärmliche, das Kranke – und absolut Hilfsbedürftige – bejaht und gerechtfertigt" (zwar sind Halef und Hobble Frank weder erbärmlich noch krank oder hilfsbedürftig, aber es geht bei ihnen wie bei Carpio um das Akzeptieren von Schwächen, kleinere hier, größere dort) sowie der Spruch „Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden“ …)In solchen Gestalten wie Frank und Halef, die alle Fehler und Schwächen des Menschen Karl May hervorkehren, hält der Autor sich seine ihm erhalten gebliebenen Unzulänglichkeiten – die er gar nicht ablegen will – vor Augen.
(S. 111)
Gelegentlich kommt Ilmer zu – m.E. – Fehleinschätzungen, etwa wenn er die „Old Firehand“ – Erzählung, die für mich zu Mays Wesentlichsten und Interessantesten gehört, heruntermacht, Winnetou als Bildnis Emmas (!) sieht und Letztere durch das ganze Buch hindurch wie ein Anwalt gleichsam zu verteidigen versucht. Aber insgesamt: ein einfühlsamer Betrachter und differenzierter Denker fern gängiger Schwarzweißmalerei, oberflächlichen Geplappers oder abstoßenden Akademikerhochmuts, womit man ja in Sachen May leider so oft konfrontiert wird.