Wiedergelesen: Der Weg zum Glück

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rodger
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Wiedergelesen: Der Weg zum Glück

Beitrag von rodger »

HKA, 1. Band:

Leni, Sepp, der König und der Bär, der Krikelanton, eine Hellsichtige, Kampf und Flucht, Dramatik und tiefe Gläubigkeit, es ist schon einiges los gleich im ersten Kapitel. Und wer es schafft, sich die unleugbare Kitsch-Schicht wegzudenken, die über all dem liegt, der kann großen Genuß von dem Buch haben. Sehr menschlich und anrührend kommt er daher, der Karl May, und dass hier Kleinbürgersehnsüchte in etwas grotesker Form ihre Verwirklichung finden, ist im Wilden Westen bei Winnetou oder im Orient mit Kara Ben Nemsi ja nicht anders, nur hier in heimatlicheren Gefilden fällt es vielleicht noch etwas deutlicher auf. Aber, im vollen Bewusstsein all dessen: man kann das Buch schon ernst nehmen, auch sehr ernst, es ist nämlich allerhand dran und allerhand drin, da stört auch das Gewand von Kitsch und Kolportage nicht, man muß es nur wahrnehmen.

Mit Gratwanderungen (symbolischer Art) kannte Karl May sich aus. Deshalb kann er sie auch so schön schildern (Auftritt der Nachtwandlerin im ersten Kapitel). Und an Selbstironie hat es ihm, hier Auftragsschreiber, auch nie gefehlt, wie der Romantitel der vollbusigen Dichterin („Der Schauder-, Schucker-, Schreckenskönig oder der Waldteufel in der Gebirgshölle.Gedichtet und erlebt von Gräfin Furchta Angstina von Entsetzensberg“) sehr hübsch zeigt.

Auch in Sachen Humor sind die Geschmäcker ja verschieden, ich jedenfalls finde den Dialog zwischen Franza von Stauffen und dem Krikelanton sozusagen zum Schreien komisch, habe mich selten so köstlich amüsiert. Und da braucht wirklich ganz und gar nichts gestrafft oder geglättet zu werden, weder von Adalbert Fischers Leuten (für die Buchausgabe 1903/04) noch von späteren Zuschneidern; es wäre doch schade um jede Zeile.

Bergnot, Königskitsch, Unsinn, Klamottenkomik, und dann Liebesweh und Herzeleid, eine May-Mischung der Art, wie sie auch in manch anderem Buche von ihm steht. Um ihren Liebsten aus der Gefängniszelle zu holen, ist Leni bereit, Sängerin zu werden, aber gerade damit macht sie den armen Mann erst recht unglücklich, und wir werden ein paar tausend Seiten später sehen, dass es tatsächlich nie mehr etwas wird mit den beiden, das Leben ist halt nicht immer so nett oder erfreulich wie in der Bearbeitung, und Mistake-Canyons gibt es auch in Bayern. Die Szene, als die beiden im Unfrieden voneinander Abschied nehmen, geht mir ans Gemüt, mag man darüber lachen.

Szenenwechsel: Signor Rialti, Concertmeister, betritt die Szene, sowie Wasserfex und Eichkatzerlpaula, und Fingerlfranz und Peitschenmüller; der Maysche Kosmos ist bunt und vielfältig.

Und dann tritt tatsächlich Richard Wagner auf, man sollte es nicht für möglich halten. Überhaupt: das ganze Buch ist eine erstaunliche Gratwanderung zwischen blühendem Blödsinn und anrührender Erzählung, bizzarem Kitsch und einfühlsamer Menschenzeichnung, Karl May konnte halt allerhand „bedienen“ und ließ wenig aus, und unter anderem das ist, m.E., das Schöne an ihm.

Wassersnot mit treibenden Baumstämmen, diese Szene kennen wir doch ganz ähnlich aus „Durch das Land der Skipetaren“, das ja kurze Zeit nach dem „Weg zum Glück“ entstand, und dann das beeindruckende, einsame Paradies des „Wasserfex“, der sein Glück versteckt vor der Welt und mit sich allein findet, man spürt das Herzblut, das der Autor in diese Figur und in diese Szenerie hineingelegt hat.

Der Peitschenmüller als halluzinierender Alkoholiker, vermutlich Reminiszenz an Ernstthal, und beim illegalen leihweisen Sichaneignen der Noten und der Violine des Konzertmeisters durch den Wasserfex fällt einem natürlich die Geschichte mit der Taschenuhr ein …

Eine Fressorgie, hemdsärmeliger Umgang mit Spiritismus, höherer und niedrigerer Blödsinn, und, leider, einiger Leerlauf auch, manchmal hat man wirklich den Eindruck, May habe sich hier gelegentlich wirklich nicht die geringste Mühe gegeben und Publikum wie Verleger einfach mal ein wenig auf den Arm genommen, und doch macht es im Großen und Ganzen Spaß, das alles zu lesen. Bis auf die Majestätsbeweihräucherung geradezu schamloser Art, das geht denn doch zu weit, und zwischendrin frage ich mich dann manchmal, ob da vielleicht auch mal ein anderer Autor zwischenzeitlich mit am Werk war. So pathetisch wie hier geht es ja sonst nicht einmal in Sachen Winnetou zu.

Oder die vermeintlich komische Nummer um die Schatzheberei mit all ihren Begleiterscheinungen: viel zu lang, und wirkt auf mich auf die Dauer dann doch albern und fad.

Und dann wieder eine verblüffende Stelle wie diese:

„Deine ganze Seel ist dabei gewest; Du hast nicht gesungen, sondern Du hast geweint, keine Thränen, sondern Töne. Und wer das thut, der gehört dem Gesang an und kann nimmer von ihm lassen. Das ist gewiß.“
Er ahnte nicht, daß er, der einfache Naturmensch, jetzt ein tiefes Verständniß verrieth, welches nur Einer besitzen kann, dem Gott ganz dieselben Gaben verliehen hat, welche er an Andern verdammt oder in Fesseln schlagen will.

(Zitatende),

die Qualitätsunterschiede innerhalb weniger Seiten sind des öfteren schon sehr beträchtlich.

Das Wahnsinns-Konzert, das den geneigten Leser im zweiten Band auf besondere Art erfreuen wird, wirft mächtig seine Schatten voraus, und mit dramatischen Andeutungen der Aufdeckung eines alten Geheimnisses und Mordplänen des Peitschenmüller gegen den Wasserfex endet der erste Band …

Ach ja, eins noch: Jahreszahlen, geographische Einzelheiten, Authentizität von Figuren usw. usf., das alles hat mich überhaupt nicht interessiert bei diesem Buch, und darum geht es auch nicht (beim alten Dessauer übrigens auch nicht …). Und wo Scheibenbad, die Alm und all das liegen, das interessiert auch weder Karl May noch mich; irgendwo in Bayern halt, oder auch: in seinem Herzen und seiner Phantasie. Und das reicht völlig.
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rodger
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Beitrag von rodger »

Da stand der barfuße Kerl, im schlechten Wamms, mit nackter Brust und spielte seinen Pas de hache herab mit einer Accuratesse und Flüssigkeit, wie ein guter Oberbayer seine Maß Bier hinunterlaufen läßt, ohne daß ihm ein Tropfen davon am Schnurrbart hängen bleibt! Und welch ein schwieriges Stück war es, dieser wilde Tanz! Ein Hexensabbath aller möglichen Schwierigkeiten. Hätte der Italiener das Stück so gespielt?
Ein wild gebrochener Accord wurde bis in die höchste Höhe hinauf- und dann bis in die Tiefe wieder hinabgerollt - das war das Ende. Mit einem Lächeln, welches seine prachtvollen Zähne zeigte, blickte der Fex hinaus in den gefüllten Raum, nickte, als ob er sagen wollte: »Seht, so kann ich es!« machte dann eine Verbeugung und trat zwischen die Coulissen zurück.
Hier fehlt eigentlich nur noch ein Herr von der Frankfurter Zeitung im Auditorium, der sich in Sachen Antriebskräfte für dies wunderliche Geschehen so seine Gedanken macht und von wegen gemütsmäßiger Befindlichkeiten des Fex (Ängste ? tiefere, überwältigende gar ?) sich in wilden Spekulationen ergeht … Aber so weit ging Karl Mays Phantasie hier leider nicht.

:mrgreen:
marlies

Beitrag von marlies »

ich steck noch immer in Wilden Westen, hab mich noch nicht zur Kolportage avanciert ... jedoch ... warum denn sonst bin ich dem May so verfallen? (und bitte keine Antworten darauf ... ich habs bewusst so gesagt!!)

..............der Maysche Kosmos ist bunt und vielfältig. Und dann tritt tatsächlich Richard Wagner auf, man sollte es nicht für möglich halten. Überhaupt: das ganze Buch ist eine erstaunliche Gratwanderung zwischen blühendem Blödsinn und anrührender Erzählung, bizzarem Kitsch und einfühlsamer Menschenzeichnung, Karl May konnte halt allerhand „bedienen“ und ließ wenig aus, und unter anderem das ist, m.E., das Schöne an ihm...............

eh ... ja ... das ist Leben ... was zwischen durch (1912 bis ca Y2K) so passiert ist laesst mich gelangweilt weil's allweil gekuenstelt war, ist und geplant ist...Fortschritte hin oder her.

correction: fuer die 60er Winnetou filme konnte ich mich schon begeistern ... :twisted: :lol:
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rodger
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Beitrag von rodger »

eh ... ja ... das ist Leben ... was zwischen durch (1912 bis ca Y2K) so passiert ist laesst mich gelangweilt weil's allweil gekuenstelt war, ist und geplant ist...Fortschritte hin oder her.
Dieses Gefühl von Fremdheit in der Welt, Durchschauen der Mechanismen usw., wenn ich Dich denn richtig verstanden habe, dürfte aber zu allen Zeiten vorgekommen sein und auch weiterhin vorkommen, das hat bestimmt nichts mit 1912 zu tun (und oft auch viel mit einem selber) … Und Karl May sah es auch schon so, nicht immer, aber immer wieder mal …
correction: fuer die 60er Winnetou filme konnte ich mich schon begeistern ...
Hm … die finde ich nun ziemlich seelenlos, wie Blumen in Plastikfolie, zu schön, zu glatt, zu gefällig. Ballern und Sterben bei locker-flockig untermalender Musik, immer gutes Wetter, alle immer wie aus dem Ei gepellt, also, das hätte Karl May auch nicht gefallen, denke ich mal. Da sind „Der mit dem Wolf tanzt“ oder „Open Range“ von anderem Kaliber.

Um wieder einigermaßen elegant zum „Weg zum Glück“ zurückzuschlendern: dieses „gelangweilt weil's allweil gekuenstelt“, oder auch Fremdheit und Mechanismen-Durchschau, drückt Karl May oft, und eben auch in diesem Roman, humorvoll aus, entspannt, ohne Leiden, und so ist es, m.E., recht, bzw., empfehlenswert (man kann die gleichen Dinge wahrnehmen aber ganz unterschiedliche Konsequenzen ziehen, ein Kafka z.B. geht kaputt, ein Hemingway genießt …)

Da gibt es z.B. diesen Wirt, der spricht, um Zeit zu sparen, den Begrüßungsdialog mit seinen Gästen gleich selber alleine weg, und das liest sich dann so:

Dieser Letztere saß mit einigen Gästen am Tisch und spielte Scat. Als Sepp grüßte, antwortete er:

»Guten Tag, schön Dank - grüß Gott, danke sehr - willkommen, setz Dich nieder - bitt sehr schön; o, es hat nix zu sagen!«

Das war dem Sepp doch zu viel. Er sagte:

»Aber, Matthes, sag mir doch mal, warum Du gleich so eine Litaneien machst, wann Einer zu Dir hereintritt!«

Der Wirth nahm sich doch die Zeit, zu antworten:

»Weißt, das ist so: Wann ich mit dem Gast so red wie Andre, so vergeht von dem >Guten Tag< bis zu dem >Ich bitt schön< eine halbe Stunden, und ich versäum dabei das Spiel. Lieber sag ich da gleich Alls her, meine Grüßen und seine Antworten. So braucht er das Maul gar nicht aufzuthun, und ich bin mit ihm rasch fertig und kann weiter spielen.«

»Der Gedank ist freilich nicht übel.«

»Nicht wahr? Aber nun halt auch Deinen Schnabel! Ich kann mich nicht den ganzen Tag mit Dir abgeben. Da bin ich beim Eichel-Tournee und weiß nimmer, wie ichs machen soll. Hast mich ganz irr gemacht.«

Das ist doch Kafka, Ionesco und Helge Schneider in einem …

:lol:
Hermann Wohlgschaft
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Beitrag von Hermann Wohlgschaft »

Rüdiger Wicks Bemerkungen zu ›Der Weg zum Glück‹ gefallen mir außerordentlich gut. Ich stimme dem sehr weitgehend zu.

Mit herzlichem Gruß an die Runde
Hermann Wohlgschaft
marlies

Beitrag von marlies »

>>>Dieses Gefühl von Fremdheit in der Welt, Durchschauen der Mechanismen usw., wenn ich Dich denn richtig verstanden habe, dürfte aber zu allen Zeiten vorgekommen sein und auch weiterhin vorkommen, das hat bestimmt nichts mit 1912 zu tun (und oft auch viel mit einem selber) … Und Karl May sah es auch schon so, nicht immer, aber immer wieder mal … <<<

Stimmt auch alles (hab's nie verheimlicht dass ich excentric bin), nur finde ich es hat seit May's Ableben keinen so 'bunten' Phantast (vacillating between imagination and reality) mehr gegeben, und wenn's mal einer probieren wollte, wurde er halt eben doch von 'Schablonen, Schubladen, etc' ueberwaeltigt. Mit den 'Mechanismen' sind wir doch alle dazu trainiert die Schablonen und Schubladen als 'normal' anzusehen (in welcher Ausdrucksweise auch immer, vom Kinder-Rollenspiel zur Globalen Hochfinanz).

Mit den Leuten von heute bin ich im grossen und ganzen ganz gluecklich, was mich stoert ist dass die meisten alles glauben was ihnen vorgetischt wird von denen die die Schablonen und Schubladen auftischen. Und wenn's dann Menschen wie May gibt die den Leuten die rosaroten Brillen von den Koepfen nehmen will, wird er verschreit.

Darum mag ich ihn, und was er schrieb ... und was Du schriebst >>>..............der Maysche Kosmos ist bunt und vielfältig. Und dann tritt tatsächlich Richard Wagner auf, man sollte es nicht für möglich halten. Überhaupt: das ganze Buch ist eine erstaunliche Gratwanderung zwischen blühendem Blödsinn und anrührender Erzählung, bizzarem Kitsch und einfühlsamer Menschenzeichnung, Karl May konnte halt allerhand „bedienen“ und ließ wenig aus, und unter anderem das ist, m.E., das Schöne an ihm............... <<<

Eigentlich ist deiner dieser thread eine gute Einfuehrung in Kolportage und ich beginne mich dafuer zu interessieren, deshalb! ... dass der May aus mehr als nur Winnetou und Old Shatterhand bestand ist auch mir klar. Und ich lese hier dass ich ihn richtig gesehen habe allein schon von den Wild West Geschichten (ohne detaillierte Einsicht in die 'anderen' Zyklen/Serien), weil deine Ausfuehrungen hier es mir bestaetigen...speziell wenn dann wieder solche passagen auftauchen >>>„Deine ganze Seel ist dabei gewest; Du hast nicht gesungen, sondern Du hast geweint, keine Thränen, sondern Töne. Und wer das thut, der gehört dem Gesang an und kann nimmer von ihm lassen. Das ist gewiß.“ <<<

Er hat sine 'Kunst' nicht eingeteilt in Schubladen - so schreiben fuer Orient Geschichten, anders schreiben fuer Wild West Geschichten und wieder anders schreiben fuer Kolportage Geschichten etc etc ... nein er schrieb mit der gleichen Kunterbuntheit fuer ALLE seine 'genres'. Das macht ihn echt.

*****

Von wegen den Filmen ... solltest mal in unser English Forum reinschauen deswegen, 'overseas' gibts andere Meinungen, und die DVD sets verkaufen sich gut. Ich bin da einaeugig, und als excentrische Kuenstlerin darf ich das sein :twisted: :lol: (aber selbst ich weiss dass die Filme halt sind so wie sie sind, und recht hast auch da ... aber Freude am zuschauen duerfen die die sie anschauen doch haben - including popcorn).
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rodger
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Beitrag von rodger »

seit May's Ableben keinen so 'bunten' Phantast
Mir geht es ja auch so, dass ich nach zwischenzeitlicher Lektüre anderer Autoren immer wieder zu May zurückkehre, weil mich so wie er kein anderer erreicht, so herzerfrischend, so nah.
Mit den 'Mechanismen' sind wir doch alle dazu trainiert die Schablonen und Schubladen als 'normal' anzusehen (in welcher Ausdrucksweise auch immer, vom Kinder-Rollenspiel zur Globalen Hochfinanz).
Dieser permanente Maskenball von morgens bis abends kann einem ja wirklich auf den Wecker gehen, wir leben in einer Pseudo-Welt (allein schon diese Floskeln und Rituale in den Läden beim Einkaufen, jeden Tag hunderte Male die selben Sätze, die Leut’ müssen doch jeck werden. Oder diese Hotel-Papageien:
„EinenschönengutenTagdasBestWesterninSindelfingenSüdSiesprechenmitKonstanzeTunichtgutWaskannichfürSietun“; es kommt vor dass ich denen sage Lassen Sie diesen ätzenden Singsang doch weg damit können Sie doch allenfalls Deppen oder Kinder hinter dem Ofen hervorlocken aber doch keine halbwegs bei Verstand befindlichen erwachsenen Kunden).

Aber genau das (Maskenball, Pseudowelt) hat auch schon Karl May tief empfunden, guck’ Dir all seine schrulligen Westmänner an, seine langen Nasen, kugeligen Bäuche, zu kurz oder zu lang geratenen Körper, Plattfüße, die unzähligen Tics, Macken usw., mit denen seine Figuren daherkommen, Kuriosa ohne Ende in Sachen Kleidung, Requisiten usw., Zerrbilder aus einem Kuriositätenkabinett, die Welt als Vexierspiegel und Kirmeslabyrinth. Da steckt viel mehr dahinter als die vermeintlich lustigen Figuren für die Freilichtbühne; Batzendorf als Lebensgefühl, wäre ein Buchtitel … (oder „Von Batzendorf nach Dschinnistan“; vgl. etwa, um ein paar Ecken, „Sprechen – Schreiben – Schweigen“.)

Falsche Namen, falsche Identitäten, unbekannte Herkunften, Lug und Trug (wenn man bei Winnetou I ein bisschen genauer hinguckt, erkennt man, dass die Blutsbrüderschaft letzten Endes sehr unromantisch auf einer Trickserei beruht !), Mistake-Canyons überall. „Es fließen ineinander Traum und Wachen, Wahrheit und Lüge. Sicherheit ist nirgends“ und „Wir spielen immer“ schrieb Arthur Schnitzler, genau das finde ich bei Karl May ständig und überall.
Und wenn's dann Menschen wie May gibt die den Leuten die rosaroten Brillen von den Koepfen nehmen will, wird er verschreit.
Das soll bei einem gewissen Jesus seinerzeit nicht anders gewesen sein …

(übrigens verschrien, bittschön, sonst muß ich an „Kentucky schreit …“ denken)

;)
Kolportage und ich beginne mich dafuer zu interessieren
Jenes höhere Wesen das wir verehren, Sandhofer (Verzeihung) hat übrigens auch des öfteren kundgetan, dass der Kolportage-May ihm gut gefalle, eigentlich besser als der andere oder spätere. Das sehe ich durchaus ähnlich.
aber Freude am zuschauen duerfen die die sie anschauen doch haben
Aber klar doch. Es gibt übrigens auch in Deutschland mittlerweile vermutlich mehr Leute die die Filme mögen (kennen) als die Bücher. Und die Filme die ich mag, von Augsburger Puppenkiste über Fitzcarraldo und Tod in Venedig bis (sonst wohin) gefallen auch nicht jedem.

:wink:
Zuletzt geändert von rodger am 15.6.2007, 10:45, insgesamt 1-mal geändert.
marlies

Beitrag von marlies »

:shock: wat? :shock: trickserei? ... jetzt hoert aber alles auf ... musst du mir jetzt noch die letzte Illusion wegnehmen? >>>wenn man bei Winnetou I ein bisschen genauer hinguckt, erkennt man, dass die Blutsbrüderschaft letzten Endes sehr unromantisch auf einer Trickserei beruht !<<< nee da behalte ich mein schaerferes Auge aber zu...wenn schon ueberall recht haben musst ... ABER DA NICH ... nie und nimmer ... det war echt ... da halte ich den Atem an bis mir blau im Gesicht wird ... :shock:

back to Kolportage :shock: :roll: :wink: :lol:
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rodger
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Beitrag von rodger »

Charly hat Winnetou aus einer Gefangenschaft befreit, die er selber mit eingefädelt hat (mit den Kiowas), und bei der Planung dieser Aktion hat man auch Tote in Kauf genommen (vergleichbares soll es übrigens in größerem Stil noch heute geben …)

Er ist mit den Kiowas und hält (heimlich) zu den Apatschen, im „Scout“ ist das auch so, da geht er mit den Komantschen.

Und dass er ihn dann befreit hat, muß er erstmal beweisen, man traut ihm nicht (es geht selten ab ohne Mißverständnisse und Doppelbödigkeiten im Leben wie bei Karl May). Der Grat zwischen zum Tode verurteilen und Blutsbrüderschaft ist sehr, sehr schmal, es kippt von einem Extrem ins andere. - Eigentlich ist es, darüber hinaus, auch Unsinn, nach so kurzer Zeit Blutsbrüderschaft zu schließen.

Wenn ich mich recht entsinne, wird der Sachverhalt übrigens auch nie aufgeklärt zwischen Shatterhand und Winnetou, eigentlich ungeheuerlich, wenn ich’s recht bedenk’ …

Schon kompliziert, die Maysche Psyche und Welt.

Aber mit Absicht Auge zu und nicht hingucken wollen, das würde ich nie machen, empfiehlt sich nicht. Bewusstsein ist sehr spannend, Königsweg (hier im Sinne von bester Weg), m.E.
musst du mir jetzt noch die letzte Illusion wegnehmen?
Mit der Hoffnungslosigkeit beginnt der wahre Optimismus, der Optimismus dessen, der nichts erwartet (Sartre)

:wink:
marlies

Beitrag von marlies »

ach ... you couldn't help yourself ... musstest mir die schoene Geschichte zerlegen ... :roll: na ja ... <seufz> weiter mit der Kolportage denn ... aber er geht doch nur immer mit 'dem Feind' um ihn zu belehren, und ihm die 'error of his ways' zu zeigen, und bis zuletzt gibt er nicht auf - bis zuletzt bemueht er sich deren Seelen zu retten, und wenn die ihm nicht zuhoeren wollen und nicht lernen wollen dann haben sie es sich selber zuzuschreiben, dann waescht er sich die Haende in Unschuld ... oder? :wink: ... wie steht das in der Kolportage, macht er es da gleich? Na ja ... und da ist dann noch die gute Logic die einer guten Story doch einen Strich durch die Rechnung machen wuerde ...
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Beitrag von rodger »

aber er geht doch nur immer mit 'dem Feind' um ihn zu belehren, und ihm die 'error of his ways' zu zeigen, und bis zuletzt gibt er nicht auf - bis zuletzt bemueht er sich deren Seelen zu retten, und wenn die ihm nicht zuhoeren wollen und nicht lernen wollen dann haben sie es sich selber zuzuschreiben, dann waescht er sich die Haende in Unschuld ... oder?
In seinen Büchern ist es wohl meistens so, Belehren, Bemühen usw., aber selbst dort nicht immer, und in seinem Leben war es vermutlich ein wenig anders … Da hielt er es vielleicht eher mit Nietzsches Zarathustra, „Wo man nicht mehr lieben kann, da soll man – vorübergehn“, aber auch das hat er leider nicht immer geschafft (was Wunder …); wenn man all das kleinliche Gezänk liest, in Band 83 oder 85 z.B., kann einem ja ganz anders werden …
wie steht das in der Kolportage, macht er es da gleich
Auch in der Kolportage zeigt er sich von ganz verschiedenen Seiten, da findet man (m.E.) echte Religiosität neben verkitschter, aufgesetzter, überzeugende Einfühlsamkeit neben übler Klischee-Bedienung, echte Menschlichkeit neben moralinsaurem Gerede nach des Verlegers oder auch des Publikums Munde. Seinen „inneren Schweinehund“, oder auch: den realistischen und sich nichts vormachenden mehr oder weniger unberührten gleichsam röntgenaugigen Beobachter, den zu verbergen er sich bei den Reiseerzählungen größere Mühe gibt, schmeckt man in der Kolportage noch des öfteren etwas ungefilterter durch.
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Beitrag von rodger »

(2. Band:)

Der zweite Band bringt zunächst das Konzert, über das schon Helmut Schmiedt berichtet hat („Die Thränen Richard Wagners oder der Sinn des Unsinns“), und das mit allem Drum und Dran auf nicht weniger als rund siebzig Seiten geschildert wird.

Nebenbei erfahren wir noch, wie Fex, dieser „Autodidakt und Schlauberger“, sich Dinge anzueignen pflegt, und werfen einen Blick in seine schöpferische Werkstatt („Aberst es kommt da nimmer drauf an, ob man ein Professorn ist oder ein Steinklopfer. Wann das richtige Dichten drinnen steckt, so kommts auch richtig heraus“).

In der Liebesszene zwischen dem Fex und der Paula erleben wir Karl May von einer seiner vielen Seiten: hier anrührend einfühlsam, liebevoll und warmherzig.

Nach Leni (Gesang) und Fex (Violine & Dichtung) wird jetzt auch noch der Anton entdeckt, als potentieller Meistersänger, die Quote der verkannten Künstler in der Gegend ist wirklich extrem hoch …

Der neue Handlungsstrang um den Silberbauern bringt zunächst einen interessanten Dialog zwischen Max Walther, Lehrer & Schriftsteller (wer wird da gemeint sein …) und dem Finkenheiner (gleichsam einer Variante des Giftheiners aus der gleichnamigen Dorfgeschichte in älter) über Gott und Religion, und den auffallend häufigen Hinweis auf Regensburg, wo Walther nicht nur in Sachen Beruf, sondern auch mit der Liebe zu tun hatte. In Regensburg gab und gibt es bekanntlich auch den Pustet-Verlag, mit dem Karl May annähernd lebenslänglich geschäftlich verbunden war.

Die alte Frau mit dem Korb kennen wir auch schon, bzw. sie begegnet uns ganz ähnlich später in der „Heimath“ wieder.

In der Silbermartha begegnet uns offensichtlich Emma Pollmer, und wir erleben in einem langen Dialog die ungehaltene Rede eines ungehaltenen Mannes, dessen offene Worte in der Formulierung: „kurz, ich bin überzeugt, daß Sie ein gefühlloses, rohes, raffinirtes, eingebildetes, stolzes und - liebeslüsternes Frauenzimmer sind. Ich bin geheilt. Holen Sie sich einen anderen Dichter! Ich werde Schulmeister von Hohenwald sein, aber als Frau möchte ich Sie nicht, selbst dann nicht, wenn Sie mir mit aller Gewalt auf den Buckel sprängen“ überzeugend kulminieren.

Zur unmittelbar anschließenden Wandlung der Dame kann man „Wenn es auch nicht wahr ist, so ist es doch schön erfunden“ anmerken.

Ob er bei Wurzelseppens „Nein, ich bin ein Anderer“ (S. 883) an Rimbaud gedacht hat, weiß ich nicht, ebenso wenig, woran bei den merkwürdigen Versen

„Jetzt bin ich hundertneunzig Jahr,
Hab nur noch einen Zahn;
Obgleich ich nicht mehr beißen kann,
Krieg ich doch keinen Mann!“

auf der gleichen Seite.

Lehrer Walther tritt der gesamten Dorfbevölkerung nebst „Obrigkeit“ gegenüber auf wie Kara Ben Nemsi im Orient und steckt sie alle sozusagen mit der linken Hand in die Tasche, immerhin schmeckt man hier die Herzensangelegenheit des verhinderten Vollblutpädagogen durch, die allerdings, mit ihrem schwärmerisch wirkenden Lobpreis der häuslichen Prügelstrafe, auch etwas gemischte Gefühle hinterlässt (in Sachen Prügel ähnlich wie in Old Surehand).

Er habe „viel Liebe und Güte genossen“, spricht Max Walther über seine Zeit im Waisenhaus (S. 925), ganz ähnlich wie später (in „Mein Leben und Streben“) sein Autor über das Zuchthaus als den Ort, wo er sich, eigentlich und letzten Endes, am wohlsten gefühlt habe …
(„Damals, als ich mich im Gefängnisse befand, da war ich frei. Da lebte ich im Schutze der Mauern. Da meinte es ein Jeder gut und ehrlich, der zu mir in die Zelle trat. Da durfte mich niemand berühren. Da war es keinem erlaubt, den Werdegang meines inneren Menschen zu stören. Kein Schurke hatte Macht über mich. Was ich besaß und was ich erwarb, das war mein sicheres, unantastbares Eigentum, bis ich - - entlassen wurde, länger nicht! Denn mit dieser Entlassung verlor ich meine Freiheit und meine Menschenrechte. Was andere, die nur materiell zu reden wissen, als Freiheit bezeichnen, das ist für mich ein Gefängnis, ein Arbeitshaus, ein Zuchthaus gewesen, in dem ich nun schon sechsunddreißig Jahre lang geschmachtet habe, ohne, außer meiner jetzigen Frau, einen einzigen Menschen zu finden, mit dem ich hätte sprechen können wie damals mit dem unvergeßlichen katholischen Katecheten.“)

Ein Mann wie Karl May hat eigene Wertmaßstäbe.

Und das ist dann auch wieder typisch Karl May, nach dem langen Dialog zwischen Finkenheiner und Anna: einerseits ist es beträchtlich kitschig, andererseits wirklich bewegend, und es hat ein bisschen was von Solveig und Peer Gynt (mit umgekehrter Rollenverteilung …), wie sie da hocken, die nicht mehr ganz jungen Leut’, und dann macht er in einer Szene, wo man wirklich von „Verklärung“ sprechen könnte, einen Witz daraus, indem er den Heiner „Liebesverklärung“ (statt Erklärung) sagen lässt, und auch noch gleich ein „Heiner ! Ich kanns nicht fassen !“ – „Hasts doch schon fasst, nämlich mich, bei den Beinen.“ im Dialog dran (oder drauf …) setzt. Witz, auch augenzwinkernder, und tiefstes Empfinden oder Tragik gehen bei Karl May Hand in Hand, er „bedient“ manchmal beides nahezu gleichzeitig, bei ihm ist es wie im Leben.

Und bevor dann die Handlung um den Silberbauern ihrem seitens des Lesers schon ganz in der Nähe gefühlten Ende zugeführt wird, macht der Autor erst noch einen ganz neuen Handlungsstrang auf und führt uns auch örtlich erst einmal ganz woanders hin, auch das ist wie im Leben, nicht immer alles hübsch ordentlich beieinand, sondern kreuz und quer und über Stock und Stein; auf krummen Linien gerade, sozusagen.
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rodger
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Beitrag von rodger »

(3. Band:)

Wieder über 600 Seiten …

Gelegentlich stellt der Autor die Geduld und Toleranz des Lesers denn doch mal auf etwas härtere Proben, wenn etwa der Landesmonarch mal wieder allzu gütig und in einer Weise daherkömmt, dass der Kitsch zwischen den Zeilen geradezu herauszufließen droht …

Immerhin, die Sache mit Ludwigs Augen ist interessant, das ist fein beobachtet.

Auch die Gefühlsduseleien in Sachen Max Walther und Mutter über ein halbes Dutzend Seiten wirken aufgesetzt und unglaubwürdig, und es schleicht sich der Verdacht ein, da habe sich Autor May etwas herbeigeschwülstelt, was er selber so nie erlebt hat …

Zwischenzeitlich kommt es auch immer wieder mal vor, dass ich mich frage, ob wirklich alles von May ist, das eine oder andere erscheint mir irgendwie doch etwas fremd.

Bei den zahlreichen Längen habe ich auch wieder einmal über den Sinn oder die Berechtigung von Bearbeitungen nachgedacht, das ist wirklich ein sehr zweischneidiges und heikles Thema. Jedenfalls finde ich es gar nicht schlecht, dass es dieses Roman-Ungetüm alternativ auch in deutlich abgespeckter Form als „Peitschenmüller“, „Silberbauer“ und „Wurzelsepp“ (u.a.) gibt.

Aber im weiteren Verlauf steigert sich die Qualität des Buches in beeindruckender Weise und es wird phasenweise noch sehr schön bzw. lesenswert:

„Ich war gelähmt, nicht am Körper, sondern am Geiste, an der Seele, am Herzen. Mein damaliger Zustand läßt sich nicht beschreiben. Er ist nur zu vergleichen mit einem fürchterlichen Traume, in welchem man moralisch niemals zur Verantwortung gezogen werden kann“ lässt Mutter Bürgermeisterin an einer Stelle verlauten, das erinnert an Mays Sprache, Argumentation und Ausdruck in der Autobiographie.

Sehr beeindruckt hat mich ein Bild auf S. 1275. „Böser“ Vater und „guter“ Sohn begegnen sich, ohne ihre Identität zu kennen. „Walther erwiderte seinerseits die Verbeugung, und da der Eine hüben und der Andre drüben am Tische stand, so kamen dadurch ihre Köpfe einander nahe. Milda stieß einen leisen Schrei aus. Ihr Auge war auf die beiden Physiognomien gefallen.“ Auch die weitere Überführung des Übeltäters gerät sehr spannend.

Und wie der Mensch und Autor May nicht mit zugeknöpftem Rock, sondern ungefiltert von der Seele schreibt, das berührt mich immer wieder: „Sie blickte ihm dabei mit warmer Dankbarkeit in die Augen. Es war, als ob eine innere, drängende Stimme ihm zurufe: »Umarme sie! Sie duldet es.« Aber er that es doch nicht.“ Auch vorher diese Szene im Gewitter, wie sie da in der Höhle hocken und mit ihren Armen nicht wissen wohin, wer so schreibt, der muß ein Herz haben, und kein schlechtes.

Oder später, S. 1483:
„Und Milda ? Wenn sie das gesehen hätte ?
Nun, sie hatte es gesehen.“
Ich weiß nicht wie man das Stilmittel nennt, aber unmittelbarer und näher am Leser geht ja kaum noch, das ist ja als ob er neben mir sitzt und mit mir spricht. Mir gefällt das sehr, anderen ist es sicher formal nicht perfektioniert genug.

»O, die Redlichkeiten!« (lässt der delirierende Silberbauer verlauten,)
»Wer ist redlich, wer?«
Er horchte auf und fragte dann mit lauter, weithin schallender Stimme:
»Wer hat da sprochen? Wer hat da fragt? Antwortet Keiner? Ah, es ist Niemand da, und ich hab doch glaubt, daß Jemand mich fragt hat. Nein, es hat kein Mensch sprochen. Ich bin allein, ganz allein. «

Im Gegensatz zu seinem Autor hat der Silberbauer keinen seelsorgerischen Kochta mehr zur Seite, er wird aus diesem unerfreulichen Zustand nicht mehr herauskommen.

Und den Spruch auf S. 1612

„Was kein Verstand der Verständigen sieht,
Das merket in Einfalt ein kindlich Gemüt.“

mag ich auch nicht umhin, zu erwähnen.

Die Handlungsstränge um Peitschenmüller und Silberbauer kommen in diesem Band zum vorläufigen Ende, aber ehe noch auch die Steinegg-Handlung weitergeführt wird, fängt May etwas völlig neues an, über die Landesgrenze geht’s, zum Kery-Bauern … Später (in den Folgebänden) kommen als weitere Stränge auch noch Samiel, Wien und Triest hinzu, wirklich übersichtlich ist es auf den ersten Blick nicht, aber das Leben ja auch nicht.
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rodger
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Beitrag von rodger »

"Oh, die Redlichkeit !"

(statt "Redlichkeiten", vgl. das Zitat im vorigen Beitrag)

lese ich in "Der Silberbauer" und schüttele überrascht und amüsiert den Kopf.

Mit dem ganz bewußten Plural ist doch gemeint: Redlichkeit in jedweder Form und im weitgehendsten Sinne; das ist einem einigermaßen verständigen Leser doch auf Anhieb und intuitiv klar. Wie kann man denn da den Plural wegnehmen. - Oder wollte man die Angelegenheit ganz bewußt ein wenig reduzieren und für etwas schlichtere Bewußtseins-Strukturen zurechtstutzen ? - Ich vermute letztere allerdings doch eher beim Lektor: "Redlichkeit ist Redlichkeit und darüberhinaus gibt es nichts."

:wink:
H. Mischnick
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Registriert: 25.6.2007, 18:24

Beitrag von H. Mischnick »

Die "Redlichkeiten" dürften eher zum Pseudobayrisch der betreffenden Figuren gehören und demzufolge keinen Plural darstellen.
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