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Wenn schon denn schon

Verfasst: 3.8.2007, 13:14
von marlies
Also mit dem Brodnik kam das Stueck in der Mitte - Nach Sibirien. Wenn schon denn schon - sollte ich die erste Ausgabe von Nach Sibirien auch mal angucken ... und schon ganz am Anfang gibts was zum stolpern:

Ist das eine 'normale' Ausdrucksweise oder fehlt da was:

>>>Er mochte am Ende oder am Anfange der dreißiger Jahre stehen<<<

da sind schon fast 10 Jahre dazwischen ... sollte es vielleicht --- 'am Ende der dreissiger Jahre oder am Anfange der vierziger Jahre stehen' --- heissen?

oder ... 'am Ende der zwanziger oder am Anfange der dreissiger Jahre stehen' ...?

***

Dann ein paar Linien weiter unten sagt der (entweder fast/schon dreissig/vierzigjaehrige Offizier zu der Dame)

>>>theures Cousinchen, ich sterbe vor Begierde, Dich als mein ewiges Eigenthum betrachten zu dürfen. Soll ich mit Mama sprechen?<<<
Mit 'Mama' meint er seine Tante.

Jetzt wirds spannend ...


:shock:

Re: Wenn schon denn schon

Verfasst: 3.8.2007, 15:01
von Sandhofer
marlies hat geschrieben:Ist das eine 'normale' Ausdrucksweise oder fehlt da was:

>>>Er mochte am Ende oder am Anfange der dreißiger Jahre stehen<<<
May will damit wohl sagen, dass sein Alter schwer zu schätzen war ...

Bei der "Tante" verstehe ich nicht, was Du uns fragen oder mitteilen willst :cry:

Verfasst: 3.8.2007, 15:23
von marlies
Also so wie ich die Dinge verstehe sollten eigentlich Cousin/Cousine ersten Grades nicht heiraten - oder? Hm ... :roll:

Verfasst: 3.8.2007, 16:30
von H. Mischnick
Nein, "sollte" wirklich nicht, kam aber ab und zu vor. In früheren Zeiten mußte dafür Dispens (= Heiratserlaubnis) eingeholt werden.

Manche Cousinen waren aber in Wahrheit Groß- oder Urgroßcousinen; dagegen konnte niemand etwas einwenden - das war schon weit entfernt genug.

Verfasst: 3.8.2007, 16:59
von marlies
hm ... ojeh ... ein paar Zeilen weiter unten teilt die werte Dame dem 'Cousin' mit dass sie lieber den ruhigen 'Vetter' anstatt den feurigen 'Anbeter' (den Cousin) waehle.
Es scheint mir als ob die Dame die Wahl zwischen Cousin und Vetter hatte (Vetter = Cousin, oder?) in der Geschichte. Komische Verhaeltnisse ...
Das ist der Anfang einer fruehen Geschichte. Mich wundert hier ... seit es die erste Seite einer neuen Geschichte ist ... was hat der May im Sinn gehabt als er das schrieb? ... musste es unbedingt Cousin und Vetter sein? ... gabs keine anderen Maenner fuer die Dame? ... ich denke vielleicht dass des Raetsels Loesung mit dem Weiterlesen kommt. Man bleibt einfach stecken wenn man das liest ... :lol: ... ein Mori-mori Pferd waere mir schon lieber ... :wink:

Verfasst: 3.8.2007, 18:56
von Sandhofer
marlies hat geschrieben:Also so wie ich die Dinge verstehe sollten eigentlich Cousin/Cousine ersten Grades nicht heiraten - oder? Hm ... :roll:
Ist meines Wissens absolut legal. Und in Adelskreisen war's wohl nicht mal immer so unüblich. Schliesslich mussten Titel und Besitz wenn immer möglich in der Familie bleiben ;).

Verfasst: 3.8.2007, 23:46
von Dernen
Sandhofer hat geschrieben:
marlies hat geschrieben:Also so wie ich die Dinge verstehe sollten eigentlich Cousin/Cousine ersten Grades nicht heiraten - oder? Hm ... :roll:
Ist meines Wissens absolut legal. Und in Adelskreisen war's wohl nicht mal immer so unüblich. Schliesslich mussten Titel und Besitz wenn immer möglich in der Familie bleiben ;).
Was man diversen Adligen auch heute noch durchaus anmerken kann. Nette Beleidigung übrigens: "Deine Eltern waren wohl Geschwister." Ich frage mich nur gerade, wo ich das mal gelesen habe.

Wenn Marlies sich darüber wundert:

">>>theures Cousinchen, ich sterbe vor Begierde, Dich als mein ewiges Eigenthum betrachten zu dürfen. Soll ich mit Mama sprechen?<<<
Mit 'Mama' meint er seine Tante. ",

denke ich, daß ich das auflösen kann. Natürlich meint er mit "Mama" die Tante. Sie ist nun mal die Mama der Angebeteten. Oder habe ich die Frage(soweit es überhaupt eine war) falsch verstanden?

Verfasst: 4.8.2007, 2:46
von marlies
richtig, mit 'Mama' meint er die Mutter der Dame(seiner Cousine)

Na ja dann hat's der Karle in die richtige szene gesetzt in dem Fall - es sind 'Adelige' und die heiraten in der Familie, und er hat auch das motiv der Heirat schon deutlich gemacht - der Kerl ist pleite und braucht ein Vermoegen.

schnip>>>Was man diversen Adligen auch heute noch durchaus anmerken kann.<<<schnap ... der daenische 'Schwiegervater von Europa' (hab seinen Namen vergessen) hat schon dafuer gesorgt - die haben alles unter sich aufgeteilt - von Spanien bis Sibirien und Skandinavien bis Griechenland und alles dazwischen - Blut ist dicker als Wasser.

Was mich jetzt wunder nimmt - hatte 'man' (die Bevoelkerung'), damals eine 'negative' Ansicht ueber 'cousin/cousinen' Vermaehlungen? oder war das eine akzeptierte Sache? oder wurden die Adeligen deshalb 'belaechelt' ... (nicht oeffentlich, natuerlich - man wollte seinen Kopf behalten).

Ich frage weil, wie ich das so lese, der Karl hat da nicht gerade eine 'schoene' Beschreibung der zwei, er ist ein Halunke, sie eine kleine, bleiche 'madam', und es ist mir fast als ob er gerade den Umstand (heiraten in der Familie nur damit das Vermoegen in der Familie bleibt) herausheben wollte.

Ich lese mal weiter ... ich glaube da kommt dann noch der Vorlaeufer der Wanda, namens Wanka vor, irgendwann.

Verfasst: 4.8.2007, 13:57
von H. Mischnick
"Vetter" war in früheren Jahrhunderten nicht immer ein Geschwister-des-Vaters-Sohn, manchmal sogar Onkel oder Neffe des oder der Betreffenden oder auch Sohn des wirklichen Vetters aufgrund einer Gemerationenverschiebung. Da hatte der Vater einen frühen und einen späten Sohn. Der frühe Sohn hatte in späterer Zeit bereits Enkel, der späte hingegen erst Kinder. Daß Kinder über 20 Jahre auseinander waren, ist früher nicht selten gewesen. Zwischen dem ersten und dem letzten Kind von Karl Mays Eltern lagen 24 Jahre.

Verfasst: 5.8.2007, 3:16
von marlies
Hallo Harald

Ja, das ist auch wahr (mit dem Altersunterschied zwischen erstem und letztem Kind - hab ich mir noch gar nicht ueberlegt), und wahrscheinlich auch dass man 'anno dazumal' von genetischen Implikationen sicher noch nicht soviel wusste wie heute.
Nach allem was ich bis jetzt verstehen konnte, setzte Karl May eine 'Szene' wie er einen 'ready' 'Boesewicht' hatte mit zum Beispiel 'Chinesen' 'Mestizen' etc in anderen stories (siehe Schwarzer Mustang). Mit der Beschreibung (Graefin, Cousin heiraten, Vermoegen) hat er ein 'sofortiges' Milieu erstellt von wo er die Geschichte 'laufen lassen' kann...mit einem kleinen 'hint at' Korruption.

:wink:

Verfasst: 5.8.2007, 8:56
von Helmut
So ganz nebenbei:

Meines Wissens ist auch heute nach deutschem Recht (und nach dem Recht vieler anderer Staaten ebenso) eine Verwandschaft 2. Grades kein Ehehinderniss.
Mit anderen Worten, auch heutzutage dürfen in den meisten Staaten der Welt Cousin und Cousine (auch direkte) einander heiraten.
In den USA gab es da mal in den 60'ern den Fall (des Rock'n Rollers) Jerry Lee Lewis der seine 13(!)-jährige Cousine geheiratet hatte.

Auch nach dem kanonischen Eherecht (der katholischen Kirche) ist dies m.W. nicht verboten.

Helmut

Verfasst: 5.8.2007, 9:55
von rodger
Ich erinnere mich an den Vers eines Liedes (Insterburg & Co. o.ä.), der eine solche Angelegenheit in etwas platt-geschmackloser Weise thematisierte (wenn allerdings auch nicht implizit vom Heiraten die Rede war). Ist aber schon ein paar Jahrzehnte her. Die Dame hieß Edeltraut und der Herr kam aus Hamburg.

:wink:

Verfasst: 5.8.2007, 11:28
von marlies
Hi Helmut

schnip>>>heutzutage dürfen<<<schnap ... von 'duerfen' oder obs legal ist oder nicht - davon habe ich nicht gesprochen. Das verstehe ich schon ... auch darf in 'anderen Sitten' Polygamie betrieben werden, oder sogar 'Harems' ... :-)

Ich habe nur 2 Punkte angesprochen - warum May gerade das so heraushob, und die Antwort ist wahrscheinlich weil er damit einen 'fertigen' Hintergrund und Milieu hatte; und dass man damals und wie heute anscheinend Genetics* nicht beachtet in dieser (menschlichen) Beziehung (meine Vermutung [offensichtlich nicht warranted] war dass der Karl da seine eigenen Reservationen sprechen liess in seiner eigenen 'versteckten' Manier - wie er's ja mit vielem tut). Mein 'sollte nicht' war nicht ein 'legales' 'sollte nicht' sondern ein 'genetic' 'sollte nicht' (ganz persoenlich ... ich WUERDE nicht - aber das ist ja nicht zur Sache hier).

Ich wundere mich schlicht und einfach wegen dem 'Herausheben' das May da machte ... einerseits ist der 'Boesewicht' ein cousin, andererseits laesst May das Maedchen etwas sagen welches deutlich darauf hin schliessen laesst dass das Maedchen eine Wahl 'ausser Familie' nicht in Betracht zieht - entweder wegen 'Stand' (jeder ausser der Familie waere 'unter' ihrem Stand) oder wegen dem 'Vermoegen' - ziemmlich 'eng' im Denken.

*Ich habe mich offensichtlich mit Genetics in Hundezucht viel zu nahe beschaeftigt ... mit 'cousin/cousinen' paarungen vertieft man gewisse Eigenschaften (gut oder schlecht - je naeher die Verwandtschaft, desto staerker) - nur in 'animal husbandry' darf man da sogar bruder/schwester und mutter/sohn und vater/tochter noch paaren (nur mit Erlaubnis des Zuchtverbandes in vielen Faellen).

Dass Genetics 'damals' noch ein 'Buch mit sieben Siegeln' war sieht man eigentlich in einem Klara May Tagebuch eintrag ... (und da moechte ich mal wieder auf mein 'altes' Ausrufewort zurueckkommen fuer einmal :-) 'herrjemineh'!)

Am 17 Oktober 1907 kauft Klara 2 rassenreine Hunde und notiert: '...Sie haben einen Vater.'
Damit sollte ich's eigentlich belassen. :wink:

Verfasst: 6.8.2007, 18:16
von Sandhofer
marlies hat geschrieben:warum May gerade das so heraushob,
Hat er das? Ich habe es nie so empfunden ...
marlies hat geschrieben:dass der Karl da seine eigenen Reservationen sprechen liess in seiner eigenen 'versteckten' Manier - wie er's ja mit vielem tut).
Entspricht jedenfalls nicht meinem Karl-May-Bild. Hast Du mir (viele ;)) Beispiele für diese "versteckte Manier"?
marlies hat geschrieben:Dass Genetics 'damals' noch ein 'Buch mit sieben Siegeln' war sieht man eigentlich in einem Klara May Tagebuch eintrag ... [...]
Am 17 Oktober 1907 kauft Klara 2 rassenreine Hunde und notiert: '...Sie haben einen Vater.'
Damit sollte ich's eigentlich belassen. :wink:
Nun verstehe ich wieder nicht, was Du sagen willst: Es ist eine alte Tatsache, dass Mutterschaft immer leichter festzustellen ist als Vaterschaft. (Erst die heutige Gentechnologie hat das geändert.) Baschterli waren wohl schon damals an der Tagesordnung. Dass die - später offenbar auch anderweitig - rassebewusste Klara der Vaterschaft ihrer Hundis sicher sein wollte, ist nachvollziehbar. Die kynologischen Gesellschaften mehrerer Länder leben von solchen Leuten - von Züchtern ganz zu schweigen ...

Verfasst: 6.8.2007, 19:23
von JennyFlorstedt
Man könnte auch einfach sagen, die Hunde waren Zwillinge (keine Ahnung, ob es da noch mehr -linge in dem Wurf gab), denn wie Klara auch notiert, sind beide am selben Tag geboren. Und da fünf Monate alte Hundebabys in der Regel nicht vom Vater großgezogen werden, werden sie wohl auch dieselbe Mutter haben. ;)