Der Junge mit der Mundharmonika

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rodger
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Der Junge mit der Mundharmonika

Beitrag von rodger »

Sozusagen mit geringfügiger Verspätung sah ich heute 45 Jahre nach seinem Erscheinen erstmals „Spiel mir das Lied vom Tod“. Und las hinterher bei Hembus und Reclam teilweise recht überrascht was das alles zu bedeuten haben sollte.

Naja, nicht schlecht … in jedem Fall besser als die biederen Mayfilme … bissel arg bedeutungsschwanger manchmal, in Sachen Gesichtsausdrücke und Länge der jeweiligen Einstellung … Interessant Fonda. Die Cardinale sah ja wirklich bissel nuttenhaft aus damals oder sagen wir zurückhaltender 'hatte etwas Grobes an sich', später in 'Fitzcarraldo' nebst späterem Interview dazu fand ich sie interessanter (ansonsten hab' ich kaum was mit ihr gesehen, zumindest nicht bewußt).

Daß aber Ende der Sechziger oder sonstwann die Zeit der klassischen alten Western vorbei gewesen wäre, wie ich nun schon mehrmals gelesen habe, ist [m.E.] Unfug … ich seh' sie immer noch ganz gerne, und in zwanzig oder dreißig Jahren gewiß auch noch, sollte ich dann noch Gelegenheit dazu haben. Sie sind halt teilweise durchaus reizvoll, und freilich zeitlos. [Man muß nichts 'Neues' machen wollen. Es gibt nichts Neues. Howgh.]

(Charles Bronson, der mit der Mundharmonika, soll übrigens “Ich habe und brauche keine Freunde“ gesagt haben, wie ich dem Internet entnehme. Interessant.)
Rene Grießbach
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Re: Der Junge mit der Mundharmonika

Beitrag von Rene Grießbach »

Schönes Thema, Western insgesamt und "Spiel mir das Lied vom Tod" im Besonderen. :D
Ich habe den Film inzwischen x-mal gesehen und immer wieder gern. Da passt m.E. alles - die schauspielerischen Leistungen, die legendäre Filmmusik, der Schnitt, selbst die von manchen bemängelten Längen in dem Film sind für mich nicht lästig, im Gegenteil.
Ich habe sogar mal gelesen, dass der Film im englischsprachigen Raum, wo er in geschnittener und von eben den Längen "befreiten" Fassung lief, nicht sonderlich erfolgreich war. Was sich dann schlagartig änderte, als er in der auch uns bekannten Länge erneut ins dortige Kino kam.
rodger hat geschrieben: Daß aber Ende der Sechziger oder sonstwann die Zeit der klassischen alten Western vorbei gewesen wäre, wie ich nun schon mehrmals gelesen habe, ist [m.E.] Unfug … ich seh' sie immer noch ganz gerne, und in zwanzig oder dreißig Jahren gewiß auch noch
Das habe ich auch schon mehrfach gelesen. Und eigentlich immer so verstanden, dass die Produktion weiterer Western im klassischen alten Stil vorbei sei.
Und dann gab es ja tatsächlich eine relativ lange Zeit, in der neue Western kaum noch gedreht wurden, weder in USA noch in Europa.
Die Western, die dann noch entstanden, waren inhaltlich und atmosphärisch (m.E.) nicht mehr mit den "klassischen" Western, z.B. mit John Wayne, vergleichbar (abgesehen sicher von Ausnahmen), was auch hier keine qualitative Herabwürdigung ausdrücken soll.
"Das Wiegenlied vom Totschlag" oder "In einem Sattel mit dem Tod" oder auch "Leichen pflastern seinen Weg" halte ich für hervorragende Western, nur eben in einer ganz anderen Machart als die "klassischen".
Ebenso, wie die in den letzten paar Jahrzehnten entstandenen wenigen Western wieder ihren ganz eigenen Charakter haben. "Der mit dem Wolf tanzt" zum Beispiel, oder "Erbarmungslos", um nur zwei zu nennen, oder die Serie "Into to west", halte ich für gute Western, aber auch nicht mit den "alten" vergleichbar. "Schneller als der Tod" mit Sharon Stone versuchte, das Flair der alten Western wiederzubeleben und nahm nebenbei gerade bei "Spiel mir das Lied vom Tod" reichlich Anleihen. Eine völlig eigene Geschichte hätte dem Film besser getan.
Gespannt bin ich auf den neuen Film, der jetzt in den Kinos läuft, Tarantinos "Django unchained".
Aber natürlich ist auch das alles Geschmackssache.

Was das Bronson-Zitat betrifft, nun ja, interessant ist es. Für falsch halte ich die Aussage trotzdem.
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rodger
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Re: Der Junge mit der Mundharmonika

Beitrag von rodger »

Was ist daran falsch ... Mir geht's genauso ...

:D

(und wenn mir irgendetwas fehlen würde hätte ich keinen Freusmiley gesetzt ...)

Aber von diesem kleinen Privatissimum am Rande zurück zur Westernerei;

Tarantino kenne ich bislang überhaupt nicht und das wird voraussichtlich auch so bleiben, das mag ein Vorurteil sein, dann ist es halt eins, man muß nicht allem und jedem gegenüber aufgeschlossen sein. Das was ich bisher so über ihn bzw. seine Filme gehört oder gelsesen habe hat mir halt meistens nicht gefallen. Dann doch lieber einen guten alten John Wayne ...

Was die Längen im "Lied vom Tod" betrifft, ich habe nicht grundsätzlich etwas gegen Längen, in "Fitzcarraldo" z.B. finde ich es sehr spannend, wenn da minutenlang gar nichts geschieht und nichts gesagt wird, also 'Action' muß ich weißgott nicht haben, den mit 'Action' völlig überfrachteten Sherlock-Holmes-Film z.B. fand ich grauenvoll, so schnell kann ich gar nicht gucken wie da immer was passiert, aber diese Sachen im "Lied vom Tod" wie Visage in Großaufnahme dazu bedeutungsschwangere Musik und das jeweils sozusagen ohne Ende das ist mir halt zuviel des Aufhebens um nicht wirklich so wesentliches ... So interessant sind diese Typen nun auch wieder nicht ... :D

Man könnte halt Western noch genau so drehen wie zu Waynes Zeiten. Man kann es auch anders machen, aber man muß nicht ...

(Eine andere Branche betreffend schrieb Joachim Kaiser einmal, er habe jetzt im Laufe der Jahre eigentlich lange genug den Wotan mit Aktentasche gesehen, er wolle ihn nun allmählich auch mal wieder mit Speer sehen ...)
Rene Grießbach
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Re: Der Junge mit der Mundharmonika

Beitrag von Rene Grießbach »

rodger hat geschrieben:Was ist daran falsch ... Mir geht's genauso ...

:D
Ich meinte natürlich nur die zweite Hälfte der Aussage, und dass ich sie für falsch halte, ist natürlich nur meine persönliche Meinung. Ich weiß nur, dass ich ohne Freunde grad die letzten Wochen und Monate mit Sicherheit nicht so gut hinter mich gebracht hätte. :D
Rene Grießbach
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Re: Der Junge mit der Mundharmonika

Beitrag von Rene Grießbach »

Aber auch meinerseits zurück zum Westernthema:

Es mag jetzt komisch klingen, aber die Filme mit John Wayne sind - warum auch immer - diejenigen der "klassischen", die ich am wenigsten mag.
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rodger
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Re: Der Junge mit der Mundharmonika

Beitrag von rodger »

Ich weiß nur, dass ich ohne Freunde grad die letzten Wochen und Monate mit Sicherheit nicht so gut hinter mich gebracht hätte.
Ok, nachvollziehbar. Ich hab' halt sozusagen den Ehrgeiz das ggf. auch alleine zu schaffen ... ("und das geht auch"; Herbert Grönemeyer in harmloserem Zusammenhang)

Sandor Marais letzte Tagebücher, sehr empfehlenswert. da verliert einer alles, bis auf die eigene Kraft und Stärke ... Gibt's bei Amazon für ein paar 'Groschen'. Und die große zweibändige Ausgabe bei Jokers für 25 €, aber da sind die letzten von 1989 glaub' ich nicht dabei.

Wir kommen vom Thema ab. Bernd Clüver. Nein, Charles Bronson.

:D
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rodger
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Re: Der Junge mit der Mundharmonika

Beitrag von rodger »

Rene Grießbach hat geschrieben: Es mag jetzt komisch klingen, aber die Filme mit John Wayne sind - warum auch immer - diejenigen der "klassischen", die ich am wenigsten mag.
Warum soll das komisch klingen ... Ich kenn' halt kaum andere. :D (Doch, Bonanza ... aber das sind ja nicht direkt richtige Western.)
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rodger
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Re: Der Junge mit der Mundharmonika

Beitrag von rodger »

Aber schön daß Du wieder da bist. Ist auch der Abseitige sich selbst genug, so wünscht er sich doch Forenkommunikationspartner. (frei nach Seneca) :D

Das mit dem Eisenbahnbau ist ja so eine Sache, im "Lied vom Tod" wie bei May. In W I helfen die Apachen später sogar dabei. Hat etwas vom Trojanischen Pferd an sich ... oder von Biedermann und die Brandstifter ... wobei Winnetou sogar weiß, was daraus entstehen wird (, das wird später in der Trilogie an einer Stelle gesagt), und halt davon ausgeht, daß sich der Lauf der Welt eh nicht aufhalten läßt ...
Rene Grießbach
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Re: Der Junge mit der Mundharmonika

Beitrag von Rene Grießbach »

Eine durchaus interessant verfasste Filmbesprechung des neusten Django-Western (den ich noch nicht gesehen hab), auch interessant wegen der Vergleiche mit den Winnetou-Filmen ist hier zu finden:
http://johannesstuermerfilmkritik.blogs ... l?spref=fb
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