Karl May und Sterbehilfe?

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rodger
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Re: Karl May und Sterbehilfe?

Beitrag von rodger »

tragophil hat geschrieben:den ganzen scheinbar unspektakulären Kämpfen (nein, bloß nicht schießen - am besten wir laden die Gewehre gar nicht erst...) hat man ja nicht wirklich das Gefühl eines "normalen" Westernromans.
'Old Surehand' ? Ist voller Härten, Fragwürdigkeiten ... (Er läßt z.B. von den zwei Gefangenen den einen den anderen peitschen ... Na hörensemal ... und dann dieser bescheuerte Kampf mit den Eisenhämmern ...)
Ich schätze das an May inzwischen sehr und ich glaube ihm, dass er über jeden (auch literarisch) gemeuchelten Menschen geklagt hat.
Ach wo ... er hatte eine unübersehbare sadistische Ader ... (Ich spür' schon wieder diese Schwarzweißentwederoderfraktion und ihre Empörung ... Sadistische Ader heißt nicht daß er unentwegt sadistisch war ... aber die Ader hatte er ... das merkt man nun mal unsympathischerweise des öfteren ...)
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Tobias K.
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Re: Karl May und Sterbehilfe?

Beitrag von Tobias K. »

"typische und normale Western"? ... Der Fachbegriff jenseits des Ozeans dafür ist "Teutonic Western"... Die sehen schon sehr anders aus als ein gescheiter Western von John Ford... ;) In punkto "Buch und Film sind nicht deckungsgleich" sind wir allerdings selbiges.
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rodger
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Re: Karl May und Sterbehilfe?

Beitrag von rodger »

tragophil hat geschrieben: Literarsich abgekupfert aus der Sklavenkaravane...
Ist das nicht 'Im Lande des Mahdi' (III) ? (Oder in beiden ?)
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Tobias K.
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Re: Karl May und Sterbehilfe?

Beitrag von Tobias K. »

rodger hat geschrieben:'Old Surehand' ? Ist voller Härten, Fragwürdigkeiten ... (Er läßt z.B. von den zwei Gefangenen den einen den anderen peitschen ... Na hörensemal ... und dann dieser bescheuerte Kampf mit den Eisenhämmern ...)
Da sind wir zum Teil dekor (wie mir Sven Böttcher mal beibrachte)...
Ach wo ... er hatte eine unübersehbare sadistische Ader ... (Ich spür' schon wieder diese Schwarzweißentwederoderfraktion und ihre Empörung ... Sadistische Ader heißt nicht daß er unentwegt sadistisch war ... aber die Ader hatte er ... das merkt man nun mal unsympathischerweise des öfteren ...)
Ader ja. Aber es war nicht das, wo er hinwollte... ;)

Und ich meine es wär die Sklavenkaravane gewesen - da wird nämlich der eine Schwarz angebunden - und der Abd oder Abu el Mot sind auch noch dabei. Aber ich bin gespannt, falls Du gegenteiliges herausfindest...
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rodger
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Re: Karl May und Sterbehilfe?

Beitrag von rodger »

tragophil hat geschrieben: es war nicht das, wo er hinwollte
Sehr schön gesehen und gesagt.
tragophil hat geschrieben: Und ich meine es wär die Sklavenkaravane gewesen - da wird nämlich der eine Schwarz angebunden - und der Abd oder Abu el Mot sind auch noch dabei. Aber ich bin gespannt, falls Du gegenteiliges herausfindest...
Sklavenkarawane weiß ich nicht, mag sein, schrieb ich ja (daß möglicherweise in beiden). Aber in Mahdi III gibt es das auch.
markus
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Re: Karl May und Sterbehilfe?

Beitrag von markus »

Da muß ich den Rüdiger Recht geben. Wenn ich an den "Ur-May" "Old Firehand" denke, wo Indianer mit ihrem Schlachtbeil an Firehand's Beinen rumhacken, oder die beiden Aladschy aus "Durch das Land der Skipetaren", die auch gefährliche Beile verwenden und durch diese schwer verletzt werden. Wer sich sowas und ähnliches ausdenkt, muß schon leicht sadistisch angehaucht sein.
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rodger
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Re: Karl May und Sterbehilfe?

Beitrag von rodger »

In Sachen Augen auf und Mahdi III:
Es geht, ganz real, unters Joch, und dann wird’s zunehmend ungemütlich.

"Die Ratten werden ausgeräuchert" sagt einer „in freudigem Tone“, als es ans Verbrennen von Menschen geht. Der Erzähler wird nun über Einzelheiten der Sklavenjägerei aus erster Hand unterrichtet und muß sich auch später mit eigenen Augen ein Bild machen.

„Alte Weiber mit kleinen Kindern, denen es gelungen ist, sich aus dem Brande zu retten, treibt man einfach in das Feuer zurück. Wer unter fünf und über dreißig Jahre alt ist, den können wir nicht brauchen, da niemand einen solchen Sklaven kauft. Und indem man solche unbrauchbare Schwarze in das Feuer zurücktreibt, erspart man das Pulver, welches sie nicht wert sind.“

Der Erzähler wird nun vor Ort an einen Pfahl gebunden und mittels der Peitsche gezwungen, die Augen offen zu halten, um mitansehen zu müssen, wie Kinder erstochen werden.

„Die Mütter und Väter der Ermordeten schrieen und heulten vor Schmerz; sie sträubten sich gegen ihre Fesseln; sie wollten auf, um den Tod ihrer Kinder zu rächen. Die Armen! Man brachte sie durch Peitschenhiebe zum Schweigen, und einige, bei denen dieses Mittel nicht fruchten wollte, wurden einfach erschossen.“

Ja, auch so geht es zu in der Welt und bei Karl May; die zu fröhlich-bunter Ballerei in Bad Segeberg und anderswo oder bei museumspädagogischen Nachmittagen für die ganze Familie genügsam friedlich lächelnden Mitmenschen wollen, bei Eis und Popcorn, von so etwas natürlich nichts wissen. Sie sollten mal Karl May lesen.

Hingucken, die Augen nicht verschließen vor der Wahrheit, das will schließlich auch der Erzähler:

„Um nicht aufzubrüllen, preßte ich die Zähne zusammen; aber ich behielt die Augen offen, jetzt nicht aus Furcht vor der Peitsche, sondern ich wollte nun Augenzeuge dieser Schlächterei bis zum letzten Ende derselben sein.“
(Quelle: www.charlymay.npage.de)
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Tobias K.
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Re: Karl May und Sterbehilfe?

Beitrag von Tobias K. »

markus hat geschrieben:Da muß ich den Rüdiger Recht geben. Wenn ich an den "Ur-May" "Old Firehand" denke, wo Indianer mit ihrem Schlachtbeil an Firehand's Beinen rumhacken, oder die beiden Aladschy aus "Durch das Land der Skipetaren", die auch gefährliche Beile verwenden und durch diese schwer verletzt werden. Wer sich sowas und ähnliches ausdenkt, muß schon leicht sadistisch angehaucht sein.
Moment.. Erzählposition beachten, so theoretisch das grad klingt. Aber das sind nicht verursachte sondern erlittene Qualen. May ist vor allem jemand, der als Kind gelitten hat (ich erwähnte es schonmal, aber dass ein als Kind geschlagener ausgerechnet zum Old Shatterhand wird entbehrt nicht einer gewissen Sinnhaftigkeit) und später miterlebte, wie er "ungewollt" oder in der Verteidigung andere verletzte. Ob das objektiv richtig geurteilt ist sei dahingestellt - aber dass er sich so gefühlt hat nehm ich schon an...

Was den Mahdi angeht. Abstrus. Da muß ich doch nochmal die Sklavenkaravane durchsuchen... Wobei mich doppelt benutzte Motive ja kaum noch überraschen. Nach meiner Erfahrung müßte man so etwas nun mindestens noch in einem der Amerikaromane und im Waldröschen finden. ;)
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Re: Karl May und Sterbehilfe?

Beitrag von markus »

Aber man sieht es in der gesamten klassischen Literatur, auch in den Märchen der Gebrüder Grimm, von denen so manch eines im Original gar nichts für kleine Kinder ist (als ich so 4 - 5 Jahre war, gab es da ein Hörspiel auf Langspielplatte von Hänsel und Gretel, das war so gut gemacht, daß ich regelrecht Angst davor hatte).
markus
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Re: Karl May und Sterbehilfe?

Beitrag von markus »

tragophil hat geschrieben: Wobei mich doppelt benutzte Motive ja kaum noch überraschen. Nach meiner Erfahrung müßte man so etwas nun mindestens noch in einem der Amerikaromane und im Waldröschen finden. ;)
Hab ich ja schon hundertmal geschrieben, gerne nochmal: May war wie ein Maler der die selbe Wiese immer und immer wieder malte.
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rodger
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Re: Karl May und Sterbehilfe?

Beitrag von rodger »

tragophil hat geschrieben: Moment.. Erzählposition beachten
Lies mal die Stelle im "Schwarzen Mustang" wo er dem Häuptling die Medizin zerstört ... (im grünen Band steht sie nicht).

Oder die in "In den Cordilleren" wo er einen foltern läßt, die Schreie hört und erstmal frühstücken geht ... (Oder oder oder)

(Erzähl mir nix. Vom 'Gutmensch' May.)
Was den Mahdi angeht. Abstrus.
Was ist abstrus ? (Verständnisfrage)
Wobei mich doppelt benutzte Motive ja kaum noch überraschen. Nach meiner Erfahrung müßte man so etwas nun mindestens noch in einem der Amerikaromane und im Waldröschen finden. ;)
Was meinst Du wie oft sowas in der Welt vorgekommen ist durch die Jahrtausende ...
markus
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Re: Karl May und Sterbehilfe?

Beitrag von markus »

Jetzt macht mir meinen May nicht schlecht :D .

Aber es ist schon wahr, man muß da differenzieren. Er war kein durch und durch guter Mensch. Aber vielleicht aus dem Grunde fing er mit den Geschichten an, Geschichten von einer besseren Welt. Ich weiß nicht.
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Tobias K.
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Re: Karl May und Sterbehilfe?

Beitrag von Tobias K. »

»In kurzer Zeit werdet ihr sehen, wie man es machen muß, um Sklaven zu bekommen,« sagte er. »Denkt aber, wenn es losgeht, ja nicht, daß ihr diese Gelegenheit zur Flucht benützen könnt! Ihr würdet augenblicklich erschossen werden!«

Dem Deutschen war traurig zu Mute; er dachte nicht an sich, sondern an die armen, unschuldigen und nichts ahnenden Schwarzen, welche auf eine so entsetzliche Weise aus ihrer Ruhe gestört werden sollten.

»Liegt das Dorf in der Nähe?« fragte er, doch ohne Hoffnung, eine Antwort zu erhalten.

Er erhielt doch eine. Abd el Mot selbst gab sie ihm:

»Ja. Ihr werdet mit bis an die Umzäunung gehen und alles sehen.«[...]

Zwei Mann nahmen Schwarz und zwei andre den Emir bei der Gabel und zogen sie mit sich fort. Die andern folgten leise, bis sich eine hohe dunkle Masse vor ihnen erhob, welche nach beiden Seiten mauerähnlich in der Finsternis verlief. Das war die Dornhecke, von denen bekanntlich zwei, eine innere und eine äußere, das große Dorf Ombula umgaben. [...] Die Scene, welche das gab, läßt sich unmöglich beschreiben. Männer kamen gesprungen, mit Kindern auf den Armen, die sie retten wollten. Sie stürzten, von den Kugeln getroffen, nieder, und dann riß man die Kinder aus ihren Armen. Hier kam eine alte Frau durch das Thor gerannt, laut aufjubelnd, daß sie dem Feuer entgangen war; in demselben Augenblicke wurde sie mit dem Kolben niedergeschmettert. Ein junges Weib flüchtete sich, zwei Knaben nach sich ziehend, durch das Thor. Die Kinder wurden ihr sofort entrissen; sie selbst warf man sofort nieder, um sie an Händen und Füßen zu binden. Ein stämmiger Neger, welcher in weiten Sätzen zwischen den brennenden Tokuls nach dem Thore rannte, wurde von der Kugel nicht tödlich getroffen. Er erhielt mit dem Flintenlaufe einen Stoß vor den Magen, so daß er niederstürzte; dann schnitt man ihm die Achillessehne durch, so daß der Ärmste nicht entspringen konnte.

Es geschahen ähnliche und noch viel schlimmere Thaten, so daß sich die Feder sträubt, sie zu beschreiben. Aus den einzelnen Schreien, welche man zuerst gehört hatte, war ein allgemeines Geheul und Gebrüll geworden. Die Neger hatten erkannt, daß sie es nicht mit einem zufällig ausgebrochenen Feuer, sondern mit einer Ghasuah zu thun hatten, welcher sie nicht entrinnen konnten. Die Männer wußten, daß sie dem unerbittlichen Tode verfallen seien. Viele von ihnen rotteten sich zusammen, um kämpfend zu sterben. Da sie aber keine Zeit gefunden hatten, ihre Waffen dem Feuer zu entreißen, so waren sie nur auf ihre Fäuste angewiesen und wurden schnell niedergemetzelt. Andre hatten ein Messer gefunden und benützten dasselbe, sich selbst den Tod zu geben, indem sie sich damit erstachen. Einige sprangen freiwillig in die lodernden Flammen und rissen ihre Frauen oder Kinder mit hinein, um sie vor der Sklaverei zu retten.

Schwarz war es unmöglich, solche Scenen anzusehen. Er wendete sich ab. Er fühlte sich unbeschreiblich unglücklich, nicht etwa aus Sorgen um sich selbst, sondern weil er gezwungen war, Zeuge dieser Grausamkeiten zu sein. Das Heulen der unglücklichen Neger, das Jauchzen der Sklavenjäger wollte ihm die Besinnung rauben. Die letzteren kamen ihm im Scheine der lodernden Flammen wie Teufel vor, welche um die Seelen der Verdammten ihre höllischen Reigen tanzen. Hätte es ihm ein Wort gekostet, sie alle in den Tod zu schicken, er hätte es gethan, ohne sich ein Gewissen daraus zu machen.
rodger hat geschrieben:
tragophil hat geschrieben: Moment.. Erzählposition beachten
Lies mal die Stelle im "Schwarzen Mustang" wo er dem Häuptling die Medizin zerstört ... (im grünen Band steht sie nicht).

Oder die in "In den Cordilleren" wo er einen foltern läßt, die Schreie hört und erstmal frühstücken geht ... (Oder oder oder)

(Erzähl mir nix. Vom 'Gutmensch' May.)
Ich les es nochmal nach - bis dahin aber bräucht ich noch ne Einschätzung... gutmeinende Sterbehilfe bei May? Gibts doch nicht wirklich, oder?
"So scheint mein Rohr besser zu sein als das Eurige, obgleich es viel kleiner ist."
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Re: Karl May und Sterbehilfe?

Beitrag von rodger »

markus hat geschrieben:Er war kein durch und durch guter Mensch.
Zeig' mir mal einen ...

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Re: Karl May und Sterbehilfe?

Beitrag von rodger »

tragophil hat geschrieben: gutmeinende Sterbehilfe bei May? Gibts doch nicht wirklich, oder?
Jetzt hab' ich Dir schon den Winnetou und die Schmiede serviert ... Außerdem komm' ich ja nicht zum Nachdenken, wenn Ihr hier pausenlos Beiträge schreibt ...

:D
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