Aufgelesen, und gern

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Helmut
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Re: Aufgelesen, und gern

Beitrag von Helmut »

Du hast ja ziemlich Recht in der Beschreibung der Wirklichkeit (in Sachen Kinder und so), aber was (Kinder-)erziehung angeht, da schreibst Du, wie ein Tauber über Musik. (Entschuldige vielmals die "Schublade", aber erstens passt sie hier einigermaßen und zweitens muss es sein (Was muss, muss).)
Eines der ersten wesentlichen Dinge, die mir beigebracht wurden, ist, dass man getrost alles, was man sich vorher angelesen und ausgedacht hat in punkto Kindererziehung, dass man all das getrost auf den Müll werfen kann. Funktionieren tut das nämlich alles nicht, sondern es kommt i.w. auf Improvisation an, und zwar auf ziemlich schnelle. Das nächstwichtigste ist wohl eine gewisse Vorbildfunktion, die sich aber in einem gewissen Alter des Kindes fast umkehrt.
Was man allerdings meist sehr schnell mitkriegt, dass einem (dem Erziehenden) sehr schnell Grenzen gesetzt werden; Grenzen die zeigen, in wie weit der Einfluss der eigenen Erziehung (z.B. gegenüber den Einflüssen von anderer Seite) überhaupt wirksam wird.
Aber zurück zu Deinem Punkt, Kinder werden am ehesten Respekt vor anderen Menschen und deren Bedürfnisse haben, wenn ihnen dies vorgelebt wird, was sicherlich nicht geht, wenn einer der (Mit-)erziehenden das nachmittägliche Fernsehprogramm ist.
Eine andere Möglichkeit ist natürlich, Kindern als Duckmäuser zu dressieren, was ja vielleicht nach außen hin den gleichen Effekt haben könnte.

Helmut
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rodger
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Re: Aufgelesen, und gern

Beitrag von rodger »

Helmut hat geschrieben:was (Kinder-)erziehung angeht, da schreibst Du, wie ein Tauber über Musik. (Entschuldige vielmals die "Schublade", aber erstens passt sie hier einigermaßen und zweitens muss es sein (Was muss, muss).)
Eines der ersten wesentlichen Dinge, die mir beigebracht wurden, ist, dass man getrost alles, was man sich vorher angelesen und ausgedacht hat in punkto Kindererziehung, dass man all das getrost auf den Müll werfen kann. Funktionieren tut das nämlich alles nicht
Nur Anlesen und Ausdenken ist halt Käse, in diesem Bereich wie sonst auch. Ist mir bekannt. Hingucken wahrnehmen verstehen.

8)
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Helmut
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Re: Aufgelesen, und gern

Beitrag von Helmut »

Andererseits ist das Ausgangszitat auch wiederum viel zu platt und einfach, dass man es so stehen lassen kann. Ich hatte letzthin Besuch, die hatten ein Pflegekind, das an den heute relativ häufigen Symptomen leidet, dass es nämlich ab und zu (ohne vorherige Warnung) einfach "ausrastet". Dürfen die jetzt, solange das Kind nicht "geheilt" ist, nicht mehr mit Kind in die Öffentlichkeit gehen?
Außerdem gibt es da noch eine Freundin von der Marianne, die ist eine sogenannte "Bereitschafts-Pflegemutter", d.h. wenn es irgendwelche Problemkinder gibt, ist sie bereit einzuspringen. Solche Mütter und Eltern, die ja eigentlich für unsere Gesellschaft positiv handeln, werden hier sofort in eine bestimmte Schublade gesteckt.
Also auch hier gilt, was das Verhalten von Kindern in der Öffentlichkeit angeht, erstmal differenziert herangehen.

Helmut
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rodger
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Re: Aufgelesen, und gern

Beitrag von rodger »

Thomas Math (bei anderen Gelegenheiten) hat geschrieben: Amen.
markus
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Re: Aufgelesen, und gern

Beitrag von markus »

Das sind Kinder mit dem ADHS-Syndrom, die werden mit Tabletten ruhig gestellt, Psychopharmaka.
Thomas Math
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Re: Aufgelesen, und gern

Beitrag von Thomas Math »

Helmut hat geschrieben:Andererseits ist das Ausgangszitat auch wiederum viel zu platt und einfach, dass man es so stehen lassen kann. Ich hatte letzthin Besuch, die hatten ein Pflegekind, das an den heute relativ häufigen Symptomen leidet, dass es nämlich ab und zu (ohne vorherige Warnung) einfach "ausrastet". Dürfen die jetzt, solange das Kind nicht "geheilt" ist, nicht mehr mit Kind in die Öffentlichkeit gehen?
Außerdem gibt es da noch eine Freundin von der Marianne, die ist eine sogenannte "Bereitschafts-Pflegemutter", d.h. wenn es irgendwelche Problemkinder gibt, ist sie bereit einzuspringen. Solche Mütter und Eltern, die ja eigentlich für unsere Gesellschaft positiv handeln, werden hier sofort in eine bestimmte Schublade gesteckt.
Also auch hier gilt, was das Verhalten von Kindern in der Öffentlichkeit angeht, erstmal differenziert herangehen.

Helmut


1.) Bei solchen Kindern sind wie so oft erstmal die Eltern schuld, gottseidank dafuer,dass es Menschen gibt,die als Ersatzeltern fungieren.
Und ja wenn das Kind fuer andere disruptive ist ,sollte man sich oeffentliche Auftritte genau ueberlegen,wobei der wohltuende Einfluss der Pflegemutter hoffentlich bald spuerbar wird.

2.)In was fuer eine Schublade steckt man denn Pflegemuetter von Problemkindern ?In die der guten Menschen,die etwas tun was viel nicht koennen oder wollen ?
Thomas Math
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Re: Aufgelesen, und gern

Beitrag von Thomas Math »

Helmut hat geschrieben:Du hast ja ziemlich Recht in der Beschreibung der Wirklichkeit (in Sachen Kinder und so), aber was (Kinder-)erziehung angeht, da schreibst Du, wie ein Tauber über Musik. (Entschuldige vielmals die "Schublade", aber erstens passt sie hier einigermaßen und zweitens muss es sein (Was muss, muss).)
Eines der ersten wesentlichen Dinge, die mir beigebracht wurden, ist, dass man getrost alles, was man sich vorher angelesen und ausgedacht hat in punkto Kindererziehung, dass man all das getrost auf den Müll werfen kann. Funktionieren tut das nämlich alles nicht, sondern es kommt i.w. auf Improvisation an, und zwar auf ziemlich schnelle. Das nächstwichtigste ist wohl eine gewisse Vorbildfunktion, die sich aber in einem gewissen Alter des Kindes fast umkehrt.
Was man allerdings meist sehr schnell mitkriegt, dass einem (dem Erziehenden) sehr schnell Grenzen gesetzt werden; Grenzen die zeigen, in wie weit der Einfluss der eigenen Erziehung (z.B. gegenüber den Einflüssen von anderer Seite) überhaupt wirksam wird.
Aber zurück zu Deinem Punkt, Kinder werden am ehesten Respekt vor anderen Menschen und deren Bedürfnisse haben, wenn ihnen dies vorgelebt wird, was sicherlich nicht geht, wenn einer der (Mit-)erziehenden das nachmittägliche Fernsehprogramm ist.
Eine andere Möglichkeit ist natürlich, Kindern als Duckmäuser zu dressieren, was ja vielleicht nach außen hin den gleichen Effekt haben könnte.

Helmut
Wenn ich Dir in vielem hier zustimme,so glaube ich nicht,dass man Kinder zu Duckmaeusern dressieren kann.Das wird man erst als Erwachsener.
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Re: Aufgelesen, und gern

Beitrag von Thomas Math »

markus hat geschrieben:Das sind Kinder mit dem ADHS-Syndrom, die werden mit Tabletten ruhig gestellt, Psychopharmaka.
Ein voellig uberdiagnostizierte "Erkrankung" manche Kindere sind einfach schwierig (man erinnere sich an den Zappelphillip).Und ja der Boom dieser "Erkrankung" ist unzweifelhaft der Pharmaindustrie zuzuschreiben.
Da wird ein Medikament entwickelt und dann ein Markt dafuer erfunden.
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rodger
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Re: Aufgelesen, und gern

Beitrag von rodger »

Thomas Math hat geschrieben: Da wird ein Medikament entwickelt und dann ein Markt dafuer erfunden.
Ob die ADHS / Ritalin - Thematik nun das richtige Beispiel sind für diese Beobachtung, können wir mal dahingestellt sein lassen (will sagen: das kann ich nicht beurteilen), aber die Beobachtung als solche ist interessant. - Und die beobachtete Erscheinung ein Symptom des im anderen Thread besungenen "Fortschritts" ...
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Helmut
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Re: Aufgelesen, und gern

Beitrag von Helmut »

Thomas Math hat geschrieben:
markus hat geschrieben:Das sind Kinder mit dem ADHS-Syndrom, die werden mit Tabletten ruhig gestellt, Psychopharmaka.
Ein voellig uberdiagnostizierte "Erkrankung" manche Kindere sind einfach schwierig (man erinnere sich an den Zappelphillip).Und ja der Boom dieser "Erkrankung" ist unzweifelhaft der Pharmaindustrie zuzuschreiben.
Da wird ein Medikament entwickelt und dann ein Markt dafuer erfunden.
Vielen Eltern ist einfach nicht genügend klar, dass sich die eigene "Unruhe" (auch wegen der heutigen Reizüberflutung) natürlich auf die Kinder überträgt und offensichtlich sogar potenziert.
Und da ist es natürlich einfacher das Kind mit Medikamenten ruhig zu stellen, als das eigene Leben umzustellen.
Und das das (bewußte) Kinder haben, die größte Umstellung im eigenen Leben bedeutet, wird wohl jeder wissen, der sich dem gestellt hat.

Helmut
Thomas Math
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Re: Aufgelesen, und gern

Beitrag von Thomas Math »

Mein lieber rodger ,dass fuer Ritalin ein besonders groessen Markt geschaffen wurde ist offensichtlich.
Wobei schwierige Kinder (interessanterweise fast immer Jungs)kein Produkt des Fortschritts sind (wie die Erwaehnung des Zappelphillips darlegen sollte.
Ein anderes Beispiel fuer ein Medikament,das eine Markt sucht waeren zum Beispiel sog.SSRI, oder noch neuer SNRI die bei milden situationsbedingen Depression verschrieben werden,frueher waere sowas als Melancholie bezeichnet worden und durch Zuwendung von Familie und Freunden behandelt worden, interessanterweise wirken diese Medikamente ja auch nicht besser als Placebo aber mit Placebos kann man kein Geld verdienen.
Interessanterweise findet sich diese Gleichung Neues Medikament=Neue Krankheit = Grosser Profit fast nur in den trueben Wassern der Psychischen Erkrankungen.
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rodger
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Re: Aufgelesen, und gern

Beitrag von rodger »

Helmut hat geschrieben: Und das das (bewußte) Kinder haben, die größte Umstellung im eigenen Leben bedeutet, wird wohl jeder wissen, der sich dem gestellt hat.
Das ist durchaus auch nachvollziehbar, wenn man sich dem nicht gestellt hat. - Ist übrigens hübsch formuliert, gestellt, klingt bissel nach Kapitulation ... (soll anders klingen, ich weiß. Da es indes ein wenig bedeutungsschwanger-selbstherrlich-moralisierend herüber kam, diese Portion retour ...)
Zuletzt geändert von rodger am 30.9.2010, 18:22, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Aufgelesen, und gern

Beitrag von rodger »

Thomas Math hat geschrieben:Mein lieber rodger ,dass fuer Ritalin ein besonders groessen Markt geschaffen wurde ist offensichtlich.
Mag ja sein, ich sagte ja, ich kann es nicht beurteilen, ob Ritalin für die auch in anderen Bereichen zutreffende Beobachtung der unnötigen Medikamente ein passendes Beispiel ist.
Wobei schwierige Kinder (interessanterweise fast immer Jungs)kein Produkt des Fortschritts sind

Mit Produkt bzw. Symptom des Fortschritts meinte ich natürlich die Thematik unnötiger Medikamente, die es primär aus wirtschaftlichen Gründen gibt. Und es war natürlich gallig ironisch gemeint. (Auch wenn man gar kein Erklär-Bär sein will, leider ist es immer wieder erforderlich ...) Ich sehe halt keinen Fortschritt, nicht nach hundertdreißig Jahren, und auch nicht nach ein paar Tausend ... nur in Äußerlichkeiten ...
Thomas Math
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Re: Aufgelesen, und gern

Beitrag von Thomas Math »

Unnoetige Medikamente gab es immer schon nur damals war die Vermarktung halt nicht so gut.
Dass Du keinen Fortschritt siehst mag auch daran liegen,dass Du naturwissenschaftlich unbedarft erscheinst.
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rodger
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Re: Aufgelesen, und gern

Beitrag von rodger »

Ob nun naturwissenschaftlich oder nicht das bleibt sich gleich, aber mit dem partiellen Unbedarft-erscheinen haben wir wieder was Gemeinsames ...

:mrgreen:
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