Karl May und Lu Fritsch

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rodger
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Karl May und Lu Fritsch

Beitrag von rodger »

Das wäre ein Thema für sich und ein trefliches Sujet z.B. für eine kleine szenische Bastelei, hab' ich schon mal angedroht, aber jedwedes Ding zu seiner Zeit, heute nur eine Fundstelle aus der "Chronik": Bei der Suche nach einem Zitat in Sachen Sudermann (das find' ich dann später auch noch) fand ich in Band V zunächst einmal etwas ganz anderes, und auch das interessant:

"Lu Fritsch hat von Ihnen gesagt und ich stehe mit meinem Eide dafür ein, Sie litten an Pseudologia phantastica" schreibt Victor Ziel am 21.9.1910 an Karl May, in einem Schreiben, in dem auch die Lu wahrlich nicht gut "wegkommt", das übergehen wir mal, dies noch: "Sie liebten nicht, daß man in Ihrer Gegenwart englisch spräche, da sie es jetzt noch nicht richtig sprächen. Und den Ton, in dem ihr Liebling das alles vortrug, hätten Sie nur anhören sollen, diese beißende Ironie, dieses höhnische Lachen!"

Die Kehrseite von Merhameh-Romantik ...

:mrgreen:
Zwockel

Re: Karl May und Lu Fritsch

Beitrag von Zwockel »

Ohne jeden Zweifel war für Karl May Lu Fritsch so etwas wie eine Altersliebe. Die Karl-May-Chronik dokumentiert das sehr eindeutig.
Lu Fritsch hat Karl May sehr verehrt. ein ganz früher Karl May Fan.


Das ein so junges Mädchen mal über einen alten Mann etwas ablästert ist doch nur natürlich.

Wie gesagt, ich nehme an May hat Lu Fritsch geliebt, sie dagegen war wohl nur ein Fan und eine gewisse Zeit eine Verehrerin Mays.
Als sie den wesentlich älteren Droop heiratete, mißfiel das den Mays sehr und die Freundschaft kühlte merklich ab.

Interessant ist die Lu Fritsch Dokumentation von Rudolf W. Kipp.
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rodger
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Re: Karl May und Lu Fritsch

Beitrag von rodger »

Verehrung, Liebe, jenun ... vielleicht, nüchterner betrachtet, Interesse (im Sinne von auf jemand aufmerksam werden, dessen Tun & Treiben mal mehr, mal weniger aufgeschlossen, wohlgesonnen verfolgen) auf der einen und ähnliches, offenbar ('Merhameh') mit einem Schuß Projektion versehen, auf der anderen Seite ?
Daß ein so junges Mädchen mal über einen alten Mann etwas ablästert ist doch nur natürlich.

Damit wollen Sie vermutlich u.a. sagen, daß es sich dennoch um Verehrung (bzw.: Interesse, s.o.) handelte. (Er schrieb halt klasse, um es mal in salopper Fritschscher Jungefrauenmanier auszudrücken. :D) Ok, aber: Ich finde es zwar nicht natürlich, will sagen, finde nicht daß es zwangsläufig so sein muß, daß ein junges Mädchen "mal über einen alten Mann etwas ablästert", bei wirklich durchgängiger uneingeschränkter Verehrung (Interesse ...) würde das wohl niemand tun, aber nachvollziehbar finde ich es freilich schon. Es zeigt eben daß das Verhältnis sehr ambivalent war. Mal Verehrung (oder: Interesse ...), mal Verachtung. Schließt sich keineswegs aus und ist doch in Ordnung. Mag umgekehrt ganz ähnlich gewesen sein ... Das ist wieder einmal diese Sache mit dem Flickenteppich und den Anteilen. Vielleicht hat er ihr das ja sogar mal mitgeteilt (meine Phantasie ist mal wieder rege heute), daß er sie einerseits in den Arm nehmen und andererseits an die Wand klatschen könnte. Hoffen wir in dem Fall nur, daß die Lu die Größe hatte, sich objektiv mit solchen Dingen auseinandersetzen zu können und zu wollen, ohne wegen der Wand kleinmädchenhaft beleidigt zu sein ... :D

Ich finde das ja sehr interessant, das mit dem Flickenteppich und den Anteilen. Karl May hat das auch mal sehr schön erklärt bzw. angerissen, das mit dem Sich-Gegenseitig-Nicht-Ausschließen auch der Extreme, und zwar sinnigerweise just in "Merhameh":

"Es darf nicht verwundern, daß Ali Ben Masuhl zuerst als Blutsfeind erschossen werden sollte und dann kurz darauf von dem Scheik der Münazah als Freund behandelt wurde. Bei den dortigen Beduinen gehören Raub und Mord zu den ritterlichen Werken. Es ist also kein Widerspruch, daß man einen Mörder persönlich achtet und sogar liebt und doch gezwungen ist, ihn der Blutrache zu opfern.“

(Nachtrag: "Verachtung" klingt hart aber so mag es ggf. sein ... Überschneidungen / Nichtüberschneidungen ... manche Anteile am anderen gefallen einem und andere [Anteile, beim selben anderen] gefallen einem überhaupt nicht ...)
Zwockel

Re: Karl May und Lu Fritsch

Beitrag von Zwockel »

rodger hat geschrieben:Verehrung, Liebe, jenun ... vielleicht, nüchterner betrachtet, Interesse (im Sinne von auf jemand aufmerksam werden, dessen Tun & Treiben mal mehr, mal weniger aufgeschlossen, wohlgesonnen verfolgen) auf der einen und ähnliches, offenbar ('Merhameh') mit einem Schuß Projektion versehen, auf der anderen Seite ?
Daß ein so junges Mädchen mal über einen alten Mann etwas ablästert ist doch nur natürlich.

Damit wollen Sie vermutlich u.a. sagen, daß es sich dennoch um Verehrung (bzw.: Interesse, s.o.) handelte. (Er schrieb halt klasse, um es mal in salopper Fritschscher Jungefrauenmanier auszudrücken. :D) Ok, aber: Ich finde es zwar nicht natürlich, will sagen, finde nicht daß es zwangsläufig so sein muß, daß ein junges Mädchen "mal über einen alten Mann etwas ablästert", bei wirklich durchgängiger uneingeschränkter Verehrung (Interesse ...) würde das wohl niemand tun, aber nachvollziehbar finde ich es freilich schon. Es zeigt eben daß das Verhältnis sehr ambivalent war. Mal Verehrung (oder: Interesse ...), mal Verachtung. Schließt sich keineswegs aus und ist doch in Ordnung. Mag umgekehrt ganz ähnlich gewesen sein ... Das ist wieder einmal diese Sache mit dem Flickenteppich und den Anteilen. Vielleicht hat er ihr das ja sogar mal mitgeteilt (meine Phantasie ist mal wieder rege heute), daß er sie einerseits in den Arm nehmen und andererseits an die Wand klatschen könnte. Hoffen wir in dem Fall nur, daß die Lu die Größe hatte, sich objektiv mit solchen Dingen auseinandersetzen zu können und zu wollen, ohne wegen der Wand kleinmädchenhaft beleidigt zu sein ... :D

Ich finde das ja sehr interessant, das mit dem Flickenteppich und den Anteilen. Karl May hat das auch mal sehr schön erklärt bzw. angerissen, das mit dem Sich-Gegenseitig-Nicht-Ausschließen auch der Extreme, und zwar sinnigerweise just in "Merhameh":

"Es darf nicht verwundern, daß Ali Ben Masuhl zuerst als Blutsfeind erschossen werden sollte und dann kurz darauf von dem Scheik der Münazah als Freund behandelt wurde. Bei den dortigen Beduinen gehören Raub und Mord zu den ritterlichen Werken. Es ist also kein Widerspruch, daß man einen Mörder persönlich achtet und sogar liebt und doch gezwungen ist, ihn der Blutrache zu opfern.“

(Nachtrag: "Verachtung" klingt hart aber so mag es ggf. sein ... Überschneidungen / Nichtüberschneidungen ... manche Anteile am anderen gefallen einem und andere [Anteile, beim selben anderen] gefallen einem überhaupt nicht ...)
Ich habe die biobragische Skizze von Kipp gelesen und die "Karl
May Chronik V" und da ist schon deutlich nachzuvollziehen, dass da nicht nur eitel Sonnenschein war. Bedenken Sie bitte, 1910 ist Karl May 68 und Lu 20, 48 Jahre Altersunterschied.

Schaun Sie, Herr Wick, ich wohne zur Zeit bei meiner Enkelin die mal gerade 32 Jahre ist, aber noch vor einigen Jahren war ich mal der "allerliebste Opa der Welt" und dann mal wieder "der alte Sack".
Ich will sagen, dass sollte man nicht immer allzu ernst nehmen, auch was das Verhältnis Karl May und Lu Fritsch anbelangt.
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rodger
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Re: Karl May und Lu Fritsch

Beitrag von rodger »

Sag' ich doch ... :D

Der Unterschied ist vielleicht nur wie wir damit umgehen. Man könnte einerseits sagen, mal lieber Onkel mal alter Sack (um beim von Ihnen gewählten Beispiel zu bleiben), das zeigt ja daß es beides so arg nicht ist, nicht so heiß gegessen wie's gekocht wird usw., also nicht so ernst nehmen. Ich hingegen würde sagen, doch, es ist 'arg', beides stimmt, beides ernst nehmen, beides akzeptieren, nebeneinander gelten lassen ...

Wie gesagt, ich finde solche Ambivalenzen sehr interessant ... Oskar Gerlach fällt mir dazu ein ... erst bekämpft er ihn sozusagen bis auf's Messer und dann schreibt er im Nachhinein solche Zeilen ... und nun muß man keineswegs sagen das eine zeigt das von dem anderen nichts zu halten ist oder umgekehrt, Nein, das geht durchaus beides miteinander und nebeneinander ... (zu Gerlach fällt mir um ein paar Ecken wiederum die Hörbiger als Claire Zachanassian ein, das war eine sehr sehenswerte Verfilmung, mit Mendl als Ill, wie sie da am See saßen und dann nachher ihr Auftritt bei seiner Leiche, "Fein!" hätte Fehsenfeld geschrieben ...) :wink:
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Helmut
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Re: Karl May und Lu Fritsch

Beitrag von Helmut »

Zum Gerlach fällt mir leicht bösartig ein, dass der ja Jurist war, und Juristen sind eben so ...

Helmut
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rodger
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Re: Karl May und Lu Fritsch

Beitrag von rodger »

Syberbergs Sicht Gerlachs, wie sie in seinem Film sehr schön herüberkommt, erscheint mir überzeugender ...
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