Leserunde: "Weihnacht!"

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rodger
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Re: Leserunde: "Weihnacht!"

Beitrag von rodger »

markus hat geschrieben:
rodger hat geschrieben:Ach übrigens, es „macht richtig Spaß“ (Gewisse Floskeln sind manchmal sozusagen grauenhaft. Yes. Well.) sich mal mit einem „vernünftigen Menschen“ auszutauschen. Gerne mehr davon.
Was im Umkehrschluß bedeutet, daß alle anderen die euren "intellektuellen Slang" nicht drauf haben, automatisch unvernünftig sind?
Nein, das bedeutet es nicht. Wenn ich einem Kellner oder Koch sage "Schön, mal wieder in einem wirklich ordentlichen Lokal gegessen zu haben", heißt das nicht, daß alle anderen gleich unordentlich sind ... aber eine gewisse Hervorhebung, wenn sie denn angemessen ist, sei doch bitt'schön sozusagen neidlos gestattet, Du hattest doch ebenfalls schon das [zweifelhafte, werden jetzt einige denken ...] Vergnügen.
Also war mein Beitrag letztens (im Magazin-Forum glaub ich) doch nicht nur witzig, als ich schrieb, daß man nach jedem Absatz sich erstmal fragen sollte, was Karl May einem nun wieder damit sagen wollte
Was sollte daran witzig gewesen sein ... ich werde ihn gleich mal suchen, den Beitrag, gehe aber bereits jetzt davon aus, daß ich bei dessen Lektüre seinerzeit gar nicht auf die Idee gekommen sein werde, er bzw. besagte Stelle sei nicht ernst gemeint ...
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Tobias K.
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Re: Leserunde: "Weihnacht!"

Beitrag von Tobias K. »

rodger hat geschrieben:
Diese Stelle ist nicht unbedingt Selbstkritik
Ich schrieb auch nicht von Selbstkritik, sondern von Einsichtsfähigkeit und Zugänglichkeit gegenüber Kritik. Das ist ein Unterschied ... Beispiel: einer schreibt, May und Müller schreiben völlig unstrukturiert einfach drauf los. Müller liest das, erkennt, daß das zutrifft, bleibt aber dabei und sagt sich, ja, so ist es halt ...
Ich weiß, was Du meinst - und würd doch sagen: Es dient hier eher dem "Ich habe mich zu dem ENTWICKELT, was ich bin, es war keine Gnade der Geburt!" (ganz im Gegensatz zu dem Vorwurf des "geborenen Verbrechers") - und zugleich eben erläuterte es eben erstaunlich pointiert die Funktion von Pferden im Mayschen Werk...
aber das geht zuweit, oder?
Es geht gar nichts zu weit ... Ich bekam mal mit wie einer ganz empört darüber war, daß Walther Ilmer angedeutet hat, das Nachtgespräch zwischen Kara Ben Nemsi und Hanneh in Band 26 oder 27 könne bedeuten, daß die beiden miteinander geschlafen hätten ... aber sicher doch kann es unter anderem auch das bedeuten. Und die Frage nach der Seele in dem Zusammenhang (mit jenem Gespräch) kann mit Orgasmusfähigkeit zu tun haben, th’is clear. (Eine Ebene, ein möglicher Aspekt.)
Ich bekam neulich vom Prof. den Plot von "Tristan und Isolde" kondensiert: "Und dann saß der verletzte Tristan in ihrem Bade und sie wußte nicht, was sie ihm sonst noch gutes tuen könne. Da hat sie ihm das Schwert geputzt." - Ich mußte mich zusamenreißen - aber um mich rum fünf mal fünf Studenten, die allesamt nichtmals mit der Wimper zuckten. Ich möchte wetten, dass auch hier eine Ebene vorliegt.

Wobei ich bei Deinem Beispiel fast annehmen möchte, dass Ilmer unterstellte, die für Kara und Hanneh "stehenden" Personen hätten miteinander geschlafen. (Eine beinahe Schmidtsche Assoziation schon: "Siehst Du Hanneh - wenn wir hier die beiden Seitenhänge am Mons veneris nehmen und sodann die feindliche Armee..." - Sex bei May? Ausformuliert würde er nicht funktionieren...) Oder meint er ernsthaft, dass Kara innerhalb der Geschichte Halef betrügen würde? Also... Hanneh Halef betrügen würde? (Da hammas schon wieder, das Identitätsproblem...)

Und zudem: Es gibt für mich (rein privat) auch Deutungsgrenzen. Wenn da einer dahergeht und Artikel über Mays Jugendzeit vermischt mit Masturbationsphantasien und das dann ausgerechnet auf den Turm der alten Mutter bezieht, den Halef ja mit einem Regenschlauch im oberen Drittel unter Wasser setzt - und das dann als buchstäbliche Abbildung von Onanie gedeutet haben will... da war bei mir dann das Verständnis gänzlich flöten gegangen. Warum nicht gleich einen Ödipuskomplex baschteln - wo's doch der Turm der alten Mutter ist? Wie sagte Postman, mal so schön zum Poststrukturalismus? "Man kann Hitlers 'Mein Kampf' noch so dekonstruieren - es wird doch kein Loblied auf das jüdische Volk draus."

@Kafka Kleine Fabel
Die beschäftigt mich seit geraumer Zeit - und ist für mich eine sehr bittere Ironie. Weli gerade der Ratschlaggeber auch der endgültige Vernichter ist. Und der Ratschlag der Katze kommt erst als es zu spät ist - insofern kann er kein ernstgemeinter sein. Ich mag das nicht gänzlich ausrollen hier - aber ich kenne das Gefühl (das zuerstmal nur ich in der Fabel finde) nur zu gut. (Ich habe einmal etwas ausführlicher um diesen Kontext drumrumgebloggt - dem geneigten Interessenten sei daher dieser Link ans Herz gelegt).
Ach übrigens, es „macht richtig Spaß“ (Gewisse Floskeln sind manchmal sozusagen grauenhaft. Yes. Well.) sich mal mit einem „vernünftigen Menschen“ auszutauschen. Gerne mehr davon.
Oh ja, nur allzugern. Ich versank nur ind er Versenkung wegen Diplomarbeitsanmeldung, Zusammenziehen, Hausarbeiten und diversem anderen Kram. Aber ich brauche meinen May - und ich genieße es ebenfalls darüber reden und sozusagen "leise streiten" zu können - auch wenn wir erfreulich oft übereinstimmen.
Hermann Wohlgschaft hat geschrieben:War Karl May ein »überzeugter Christ«? So 100%ig sicher bin ich mir nicht, aber ich meine: wahrscheinlich war er es schon. Vielleicht in einigen Lebensphasen mehr, in anderen weniger.

Dass manche seiner islamischen Muftis usw. an katholische Dorfpfarrer erinnern, die meinen »die Wahrheit gepachtet« zu haben, schließt freilich nicht aus, dass May ein »überzeugter Christ« war. Zum Christsein gehört ja ganz wesentlich auch das Fragen und Zweifeln. Außerdem hat May immer sehr kritisch zwischen der Religion selbst (sei es Christentum oder Islam usw.) und ihren - oft unglaubwürdigen - Repräsentanten unterschieden.
Ganz ehrlich - am Ende eines Diplomstudiums in Theologie mangelt es mir vielleicht noch an Jahren von Erfahrung - aber ich wage mal die Behauptung, dass man hier mehr wünscht als nachweisen kann. Katholisch hätte er schon wegen der zwei Ehen gewisse Probleme, seine Veröffentlichungstätigkeiten diverser Marienkalendergeschichten müssen zwar recht differenziert betrachtet werden - lassen aber keinen Rückschluß auf May zu (wie so oft in seinem Werk). Die klassisch theologische Beweisführung: "Ich glaube schon." - da ist dann wohl mehr der Wunsch der Gedanke des Paters. ;)

Und Fragen und Zweifeln gehört heute zum Christentum - das laute Äußern allerdings nur sehr bedingt in der Phase vonm Mays Schaffen. (Nebenbei: Nicht unspannend, ihn ja quasi im "Nachmärz" zu lesen...) Zudem habe ich großes Verständnis, wenn heutige Muslime mit dem von May geschilderten Islam nichts anfangen können oder sich gar beleidigt fühlen. (Was er sich mit Turnerstick z.B. in "Christus oder Mohammed" leistet ist grenzwertig...) - Meiner Meinung nach hat er in der Idee des Islams vor allem ein brauchbares Motiv gefunden, das gewisse Machtstrukturen und Überheblichkeiten illustrieren konnte - den wirklichen Islam hat er weder gekannt, noch (vermutlich) gemeint. Eine alzu feine Differenzierung zwischen Religion und ihren Vertretern läßt sich beim Islam nur mit etwas gutem Willen als Grundkonzept verkaufen - obgleich ich selber auch dazu tendiere seine Werke so zu lesen.
markus hat geschrieben:
rodger hat geschrieben:Ach übrigens, es „macht richtig Spaß“ (Gewisse Floskeln sind manchmal sozusagen grauenhaft. Yes. Well.) sich mal mit einem „vernünftigen Menschen“ auszutauschen. Gerne mehr davon.
Was im Umkehrschluß bedeutet, daß alle anderen die euren "intellektuellen Slang" nicht drauf haben, automatisch unvernünftig sind?
Zumindest ist kein intellektueller Slang beabsichtigt - und was jede gute Köchin lernt hilft auch hier: Wenn noch Gänsebeinchen dran sind, soll wohl nicht alles in den Topf geworfen werden. ;) - Bester Markus, da hab ich doch endlich meinen Winnetou gefunden, da werd ich doch nicht rumstänkern wenn noch wer mitreisen will. (Oder besser... Der Rüdiger ist mein Surehand und ich bin Apanatschka?) Wir haben halt nur (und auch das erst seit kurzem) gemerkt, dass wir auf eine vergleichbare Art und Weise Spuren lesen. Und das ist doch klassischer Karl May - welche Rollen dabei andere besetzten liegt doch ganz an denen - von Wabble über Pampel, über Rattler, Santer, Hobble, Frank, Klekhi-Petra und Lindsay ist da doch mannigfaltigste Entfaltungsmöglichkeit =)
Aber eins muß man euch lassen. Ihr seht die Symbolik überall dort, wo andere (ich z.B.) sie nicht mal im Traum vermuten. Also war mein Beitrag letztens (im Magazin-Forum glaub ich) doch nicht nur witzig, als ich schrieb, daß man nach jedem Absatz sich erstmal fragen sollte, was Karl May einem nun wieder damit sagen wollte :wink: .
Ich weiß nicht, ob er immer etwas sagen wollte. Bei dem Tempo mit dem er teilweise schrieb halte ich das für übereilte Schlüsse. Allerdings glaube ich bei den lateinischen Zitaten z.B. (die er ja bewußt aus einem Lexikon rausstreichen mußte), wie auch bei vielen Namen und grundlegenden Gestaltkonzepten durchaus an Absichten. (Es gibt ja nicht nur seine geographischen Predigten, sondern auch seine Randkommentare in Grammatiken. "Iltischi - Winnetous Mustang" und "Hattitla - mein Rappe")

Bei dem Rest glaube ich lediglich an eine Art Tiefenstruktur, die sich ankitzeln läßt - die zum Teil Vermutung bleibt und sich zum Teil mit dutzenden anderen Hinweisen einfügt. Wie auch immer - ich hab ihn erst als Kind verschlungen und kein bißchen über so etwas nachgedacht. In der zweiten Phase vor zehn Jahren ging es mir nur noch auf den Keks, dass er dauernd gefangengenommen wird - und seit ein paar Jahren reizt mich dieses "Zweite-Ebene-Lesen" sehr. Und trotzdem halte ich 90% der in den letzten zehn Jahren veröffentlichten Artikel für reinen Mumpitz... ;)
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rodger
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Re: Leserunde: "Weihnacht!"

Beitrag von rodger »

@Markus

Ich hab' den Beitrag gefunden ... ("Beim lesen sich vor allem nach jedem Absatz fragen "Was will mir Karl May nun wieder damit sagen?") In der Tat, ich nahm es völlig ernst, und ging ebenso ernsthaft darauf ein ...
Hermann Wohlgschaft
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Re: Leserunde: "Weihnacht!"

Beitrag von Hermann Wohlgschaft »

Zu tragophil:

Ich würde mal so sagen: Dass jemand ein überzeugter Christ ist, kann man in KEINEM Falle mit absoluter Sicherheit »nachweisen«, man kann es - genau genommen - in JEDEM Falle (selbst bei den größten Heiligen) nur WÜNSCHEN. Freilich gibt es Unterschiede. Dass z. B. Franz von Assisi ein wirklicher Christ war, halte ich für höchst wahrscheinlich. Im Falle Karl Mays würde ich sagen: Er WOLLTE zumindest ein echter Christ sein, er war - und diese Annahme scheint mir nicht bloßes Wunschdenken zu sein - auf dem WEG zum Christsein.
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Tobias K.
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Re: Leserunde: "Weihnacht!"

Beitrag von Tobias K. »

Hermann Wohlgschaft hat geschrieben:Zu tragophil:

Ich würde mal so sagen: Dass jemand ein überzeugter Christ ist, kann man in KEINEM Falle mit absoluter Sicherheit »nachweisen«, man kann es - genau genommen - in JEDEM Falle (selbst bei den größten Heiligen) nur WÜNSCHEN. Freilich gibt es Unterschiede. Dass z. B. Franz von Assisi ein wirklicher Christ war, halte ich für höchst wahrscheinlich. Im Falle Karl Mays würde ich sagen: Er WOLLTE zumindest ein echter Christ sein, er war - und diese Annahme scheint mir nicht bloßes Wunschdenken zu sein - auf dem WEG zum Christsein.
Ich glaube, ich weiß, was Sie meinen - und würde das in gewisser Weise nachvollziehen. Aber zugleich trift ihn das Christentum immer genau da, wo es ihm helfen sollte - Sicher, Kochta war sein Klekhi-Petra quasi - aber mir scheint mehr May durch, wenn Intschu-Tschuna sagt "Wenn ihr Christen euch an das halten würdet, was ihr sagt..." o.ä. Will sagen: May hat bestimmte Stellen der Bibel gelesen - und er mißt seine Umwelt an dem, was sie behaupten. Aber er fühlt sich nicht zu den Christen in seiner Umgegend zugehörig. Entweder war er kein Christ - oder er fühlte sich (überspitzt formuliert) als der <i>einzige</i> Christ. Der Marterpfahl steht wahrscheinlich oft genug mehr fürs Kreuz als für einen indianischen Gebrauchsgegenstand.

Nur: In unserer Diskussion fehlen mir die "Beweise", die Anhaltspunkte. Ich hab in unserer Uni-Bib erst neulich das vielversprechende Buch über den Glauben des Old Shatterhand gesehen - und kann vom ersten Hineinspinxen nur so viel sagen: Wer sich als Autor so verdrehen kann, dass er als Protestant für eine katholische Zeitung Loblieder auf Maria schreibt und in seinen Werken eine Religionszugehörigkeit vorlebt, die er als realer Mensch gar nicht hat - der ist für mich zumindest ein Grenzgänger...
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rodger
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Re: Leserunde: "Weihnacht!"

Beitrag von rodger »

Und dann saß der verletzte Tristan in ihrem Bade und sie wußte nicht, was sie ihm sonst noch gutes tuen könne. Da hat sie ihm das Schwert geputzt.
Dazu fällt mir (u.a. ...) der Herr Heitz ein ... Düsseldorf 1988, Umschulung zum Datenverarbeitungskaufmann. Herr Heitz, ein EDV-Lehrer, wohnhaft in Rommerskirchen („toter als der Friedhof von Rommerskirchen“ war einer seiner Sprüche, und „aber sonst ist alles in Ordnung“, wenn so gut wie gar nichts in Ordnung war), erzählte, es habe seinerzeit ein EDV-Formular gegeben, in dem u.a. ‚Anzahl der Kinder’ einzutragen war. Null bis Neun, in einem einstelligen Feld. Bei mehr als neun habe der Betreffende, [wegen der Einstelligkeit des Feldes,] so wörtlich, mit der Hand fertiggemacht werden müssen, aber das sei ja dann auch besser so ... (Verzeihung. Stammtischhumor ist nicht jedermanns Sache. Mir gefällt’s. Schlichte Ader, wir sprachen bzw. schrieben davon) Der Unterschied zwischen dem Opernprofessor und Herrn Heitz einerseits und der Sache mit dem Nachtgespräch und der ‚gefundenen’ Seele andererseits ist, daß es bei letzterem ganz gewiß nicht um ein schlichtes Scherzchen geht sondern um ernste und ernstzunehmende Dinge ... (Mal so mal so, alles zu seiner Zeit, und immer schön unterscheiden.)
Wobei ich bei Deinem Beispiel fast annehmen möchte, dass Ilmer unterstellte, die für Kara und Hanneh "stehenden" Personen hätten miteinander geschlafen.
Man muß es gar nicht so konkretisieren bzw. das versuchen. Es kann z.B. so sein: Er schreibt etwas, und während er das schreibt, fällt ihm aus einem anderen Bereich dazu etwas ein, und er läßt das einfließen ... so erkläre ich mir halt auch Loriots „Krawehl“, Schmidt hat keine Gedichte geschrieben, hat nicht öffentlich vorgetragen, mag alles sein, aber dem Autor fällt auf der Suche nach einem „abgefahren“ klingenden Phantasiebegriff halt just der Name Krawehl ein, aus dem durchaus passenden Moderne-Literatur-Umfeld halt ...
Oder meint er ernsthaft, dass Kara innerhalb der Geschichte Halef betrügen würde? Also... Hanneh Halef betrügen würde?
Das „betrügen“ klingt so wertend ... Eine Geschichte von menschlicher Größe halt ... Halef erkennt, was sein muß muß sein, auch wenn’s weh tut ... (daß es sozusagen ein großes Opfer ist, was ihm da abverlangt wird, ist klar)
Es gibt für mich (rein privat) auch Deutungsgrenzen
Für mich allerdings auch. Gerade bei Ilmer. Manchmal denk’ ich, salopp ausgedrückt, jetzt spinnt er ein bissel, und auf der nächsten Seite kann es wieder richtig großartig sein ... So ist das. Nicht nur bei Ilmer.
für mich eine sehr bittere Ironie. Weli gerade der Ratschlaggeber auch der endgültige Vernichter ist. Und der Ratschlag der Katze kommt erst als es zu spät ist - insofern kann er kein ernstgemeinter sein.
Doch. Im Sinne von „Hättste klüger sein sollen ...“ ... Da gab’s mal eine Szene in einem Fernsehfilm, ich weiß nicht wie er hieß, Militarist sagt Leuten, lauft da übers Feld, dann könnt Ihr entkommen, und als sie auf dem Feld sind läßt er eine Leuchtkugel steigen als vereinbartes Zeichen, und sie zusammenschießen ... dabei schüttelt er ganz unaufgeregt den Kopf und sagt wie kann man nur so dumm sein ... Sehr beeindruckend.

Die Katze ist eine Katze, und nicht bei Mäusehilfe e.V. Ihr 'Ding' ist es, Mäuse zu fressen. Auch wenn sie erkennt daß die anders hätten handeln können ...
Zuletzt geändert von rodger am 17.12.2010, 16:46, insgesamt 2-mal geändert.
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rodger
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Re: Leserunde: "Weihnacht!"

Beitrag von rodger »

Hermann Wohlgschaft hat geschrieben:Dass z. B. Franz von Assisi ein wirklicher Christ war, halte ich für höchst wahrscheinlich.
Vielleicht wußte Franz von Assisi gar nicht was das ist oder sein soll, ein wirklicher Christ, und hat sich um solche Begrifflichkeiten nicht geschert ...

:wink:
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rodger
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Re: Leserunde: "Weihnacht!"

Beitrag von rodger »

tragophil hat geschrieben: Wer sich als Autor so verdrehen kann, dass er als Protestant für eine katholische Zeitung Loblieder auf Maria schreibt und in seinen Werken eine Religionszugehörigkeit vorlebt, die er als realer Mensch gar nicht hat - der ist für mich zumindest ein Grenzgänger...
Mal langsam. Richtig ist, er konnte sich verdrehen, in der Tat. Richtig ist auch der 'Grenzgänger'. Aber 'Loblieder auf Maria' erscheint mir im speziellen Fall a.) etwas unpassend lax ausgedrückt und b.) kein gutes Beispiel für das "verdrehen"; seine Marienverehrung kann man auch als Bild nehmen für aufrichtigen Gottesglauben. Ob er dann z.B. von Allah (auch das tut er gelegentlich ...) oder Maria schreibt ist m.E. eher sekundär ...
Zuletzt geändert von rodger am 17.12.2010, 16:49, insgesamt 1-mal geändert.
Hermann Wohlgschaft
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Re: Leserunde: "Weihnacht!"

Beitrag von Hermann Wohlgschaft »

Zu rodger:

Tja, wer weiß ... :wink:

Nochmals zu tragophil:

Dass May als »Protestant« Loblieder auf Maria verfasste, ist für mich überhaupt kein Problem. Auch Luther war ja Marienverehrer, und der sächsische Protestantismus zur Zeit Karl Mays hatte - wie mir mein verstorbener Freund Ernst Seybold erklärte - so manche ›katholisierende‹ Tendenz.

Es gibt SEHR viele Anhaltspunkte, ja Beweise für die Richtigkeit dieser Aussage: In der Sicht Karl Mays waren die Unterschiede zwischen ›katholisch‹ und ›evangelisch‹ ziemlich unwichtig, ja belanglos. Er verstand sich als ›überkonfessioneller‹ Christ, nicht erst im letzten Lebensjahrzehnt, sondern spätestens seit Mitte der 1870er Jahre.
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Re: Leserunde: "Weihnacht!"

Beitrag von rodger »

Hermann Wohlgschaft hat geschrieben: Dass May als »Protestant« Loblieder auf Maria verfasste, ist für mich überhaupt kein Problem.
Sehr schön.
In der Sicht Karl Mays waren die Unterschiede zwischen ›katholisch‹ und ›evangelisch‹ ziemlich unwichtig, ja belanglos.
Dito.
Er verstand sich als ›überkonfessioneller‹ Christ
Und wenn da jetzt noch "gläubiger Mensch" oder so etwas gestanden hätte statt "Christ" hätte ich mich vor lauter Zustimmung ja sozusagen kaum noch eingekriegt, aber man kann halt nicht alles haben ...

:mrgreen:
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Helmut
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Re: Leserunde: "Weihnacht!"

Beitrag von Helmut »

Ich denke, der Schlüssel in dem evangelisch - katholisch bei May liegt i.w. an siner zeit in Waldheim. Dort war ja nicht nur der (kath.) Anstaltskatechet Kochta, sonder der ev. Anstaltsgeistliche war auch noch stellv. (Zuchthaus-)Direktor (so etwas ist wohl heute hoffentlich nicht mehr möglich) und hat May mit der Beurteilung des Häftlings auch noch die anschließende Polizeiaufsicht verschafft.
May selbst schreibt übrigens später (wie meine Erinnerung sagt) auf den Vorwurf, dass er als Protestant "katholisch" geschrieben habe "was ist schon ein "Ave Maria" gegen das, was dieser kath. Katechet für mich getan hat.
Im übrigen war May (natürlich hätte ich beinahe geschrieben) auch opportunistisch genug, um dem katholischen Hausschatzpublikum auch genügend "passendes (Lese-)Futter" zu geben. Ich habe mir mal einen ganzen Hausschatzjahrgang angeschafft und dann darin geblättert (lesen habe ich da nicht geschafft), gegen das was da sonst noch so an Artikeln drinsteht, sind die Mayschen Reiseromane ja die reinste "Atheistenlektüre".

Helmut
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Re: Leserunde: "Weihnacht!"

Beitrag von markus »

Zu Rüdiger: Nein, Neid war es auf keinen Fall. Und der Beitrag (aus dem Magazin-Forum) war selbstverständlich zweideutig zu verstehen.

Zu tragophil: Na Herzlichen Glückwunsch. Nun bin ich endlich diesen blöden Titel "Blutsbruder" los :D .
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rodger
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Re: Leserunde: "Weihnacht!"

Beitrag von rodger »

"Als Blutsbrüder müssen wir uns beide Herren verbitten"

(frei nach Hermann Cardauns)

:D
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Doro
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Re: Leserunde: "Weihnacht!"

Beitrag von Doro »

Mit Verlaub, bliebe noch zu definieren, was denn ein ECHTER (wirklicher, wahrer, etc...)Christ ist ?
Jemand, der so handelt, wie angenommener Weise Christus gehandelt hätte?
Jemand, der von sich behauptet an Christus zu glauben?
Jemand, der einer der christlichen Konfessionen angehört?
Jemand, den andere, aus welchen Gründen auch immer, dafür halten?
Fragen über Fragen...

Falls meine Erinnerung nicht völlig trügt schreibt May sinngemäß:

>... ob ich ein wirklicher Christ bin weiß ich nicht, das kann nur Christus beurteilen...<

So oder so ähnlich glaube ich gelesen zu haben, kann nicht sagen in welchem Band, bilde mir aber ein, dass es in Winnetou I (GW) gewesen wäre (?)...
People may hate you for being different and not living by society’s standards, but deep down they wish they had the courage to do the same. (Kevin Hart)
Zwockel

Re: Leserunde: "Weihnacht!"

Beitrag von Zwockel »

Doro hat geschrieben: Falls meine Erinnerung nicht völlig trügt schreibt May sinngemäß:

>... ob ich ein wirklicher Christ bin weiß ich nicht, das kann nur Christus beurteilen...<
Das kann nur Gott beurteilen und auch Sie werden sich vor dem höchsten Richter zu verantworten haben. Ich hoffe nur, dass Gott dann ihrer Seele gnädig ist.
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