Bitte nur den Spiegel anschauen !

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Gast

Bitte nur den Spiegel anschauen !

Beitrag von Gast »

Betritt man den Verkaufsraum des Karl May Museums, hat man gleich, wie schon am Vortag in Hohenstein-Ernstthal, die grünen Bände in Hülle und Fülle vor der Nase, jedes hat ein Schildchen, alles sehr aufwendig und liebevoll gemacht. Die HKA-Bände, und auch nur einige, liegen etwas abseits unauffällig in einem Regal, gleichsam wie verschämt. Monopoly.

Im Museum hat sich seit meinen letzten zwei Besuchen offenbar nichts verändert, irgendwann wird’s mir langweilig, zum Thema Textgeschichte findet man auch nichts, wenn ich nichts übersehen habe. Könnte ja auch dem Umsatz schaden, den man verständlicherweise gerne macht, die Dame an der Kasse wird angesichts der sich türmenden Bücher, die ich ihr auf die Theke lege, immer freundlicher, und hat am Ende das Dollarzeichen in den Augen stehen. Und nun liegen noch sechs HKA-Bände weniger im Katzenregal.

In der ersten Etage erlebe ich dann ein herrliches Gleichnis über das Werk Karl Mays und dessen Bild in der Allgemeinheit. In einem Zimmer hängt ein Porträt Klaras, das Zimmer ist aber mit einem Querbalken abgesperrt, sodaß man das Original nicht sieht. Damit die Besucher das Bild sehen können, hat man einen Spiegel in den Raum gestellt, der das Bild von der Wand wiedergibt. Ich will aber das Original sehen und versuche um die Ecke zu gucken, dabei berühre ich den Balken, was prompt die Alarmanlage auslöst. Wertes Publikum, bitte begnügen Sie sich mit dem Abbild, das wir Ihnen zur Verfügung stellen und als ausreichend erachten, das hat für Sie zu genügen, was brauchen Sie das Original sehen. Als ich wieder hinuntergehe, kommt mir auch gleich ein dienstbeflissener Geist entgegen und will vermutlich nach dem rechten sehen, er murmelt auch irgendwas wohl kritisch sein sollendes. Recht so, junger Freund, sorgen Sie für Ordnung, Leute, die den Dingen etwas genauer auf den Grund gehen, sind unbequem und stören nur, 98 Prozent der Leute begnügen sich doch auch mit dem Abbild, was muß da so ein Querulant kommen. Ich geh’ ja schon.

Museen sind auch meine Sache so sehr nicht, das hat alles etwas puppenstubenartiges und totes, der wahre Karl May lebt in seinen Büchern. Aber nicht in den bearbeiteten.
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rodger
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Beitrag von rodger »

Der Gast war ich. Hatte mich gerade nicht eingeloggt.
Gast

Beitrag von Gast »

Hallo Rüdiger,

Deinen Bericht über Deinen Museumsbesuch finde ich gut, weil er noch so frisch von den Eindrücken berichtet. Und typisch Rüdiger: löst wieder Alarm aus, weil er das Original sehen will..*g). Aber mir gings fast ebenso, nur dass mich eine freundliche Aufsichtsperson gerade noch zurückgepfiffen hat. Am mayigsten in dem ganzen Haus finde ich den Eingangsbereich, die Eingangstür und das bunte Glasfenster, die alten Pflaster.. alles andere wirkt zusammengestellt. Ein Museum halt, in dem man Dinge betrachten kann. Mit gemischten Gefühlen habe ich mir auch den Löwen in Mays Arbeitszimmer angeschaut, wo May den wohl her hatte? In der "Sklavenkarawane", die ich gerade lese, gibt es ja wieder die tollsten Löwenjagden. Ob dieser "Kerl" da auf dem Boden Mays Phantasie damals schon beflügelt hatte? Eher wohl nicht, denn die Skavenkarawane entstand ja noch vor Zeit, als May sich mit derlei Exotica umgeben hat. Aber so kommen einem halt die Gedanken..

Gruß
wau
Gast

Beitrag von Gast »

Besuche ich das Karl-May-Museum, das geschieht so zweimal im Jahr, interessiert mich weniger die Präsentation des Museums, sondern das Gefühl, dass hier der Mayster gelebt, geliebt, gegessen, getrunken und sein Spät- und Alterswerk verfasst hat und fühle mich von dessen Geist umfangen.
Es ist etwas Heiliges für mich in diesen Räumen.

Betrete ich dann den Museumsshop gefällt mir immer wieder die herrliche Präsentation der grünen Bände des KMV und es bestätigt sich für mich immer wieder, daß die Aufmachung dieser Bücher bisher keinen -zumindest optischen - Ersatz gefunden hat.

Viele Grüße
Kurt
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sven.becker.kiel
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Beitrag von sven.becker.kiel »

ZITAT"... gefällt mir immer wieder die herrliche Präsentation der grünen Bände des KMV und es bestätigt sich für mich immer wieder, daß die Aufmachung dieser Bücher bisher keinen -zumindest optischen - Ersatz gefunden hat...."

Hallo Kurt!

... wobei nicht vergessen werden sollte, dass dieses herrliche Design keine Schöpfung des KMV ist, sondern im Wesentlichen den Mitarbeitern des Verlags Fehsenfeld/Freiburg i. Br. zu verdanken ist. - Oder gar Mitarbeitern der ersten Buchbindewerkstatt oder Druckerei oder...
Ich wüsste gern, wem die Lorbeeren tatsächlich gebühren.

Gruß aus und nach Kiel

Sven
Gast

Beitrag von Gast »

Hallo Sven,

das Verdienst gilt wohl dem Inhaber der Hofmannschen Druckerei in Stuttgart, Felix Krais, der die Fehsenfeldausgebe druckte und auch maßgeblich gestaltet haben soll.

Die derzeitigen Deckelbilder der "Grünen Bände" sind jedoch erst auf den Radebeuler bzw. Bamberger Ausgaben erschienen und sind in der Tat eine wahre Wonne für die Augen, wenn diese - wie es im Karl-May-Museum der Fall ist - so herrlich präsentiert werden.
Das dies so geschieht, soll auch der KMV ein wenig nachgeholfen haben.
Ein Schalk, der dabei böses denkt. :lol:

Viele Grüße nach Altenholz
Kurt
Gast

Beitrag von Gast »

Hallo Kurt, hallo allerseits!

Es scheint nicht mehr festzustellen zu sein, welcher Mitarbeiter von Krais oder evtl. auch Fehsenfeld die Idee zur Gestaltung der grün-schwarz-goldenen Bände hatte. Das ist jammerschade, denn ihm müßte postum ein Preis für Corporate Design verliehen werden. Mögen andere diese Bände als kitschig bezeichnen und die sicherlich edel-schlichte Aufmachung der HKA bevorzugen, ich selbst habe einen absoluten Faible für diese Bände. Sogar eine therapeutische Wirkung habe ich bei mir festgestellt :wink: : Wenn ich mal wieder (was öfters vorkommt) an der Welt und dem Leben verzweifle, verschafft mir der Blick auf das Regal mit meinen ca. 350 grünen Bänden (Fehsenfeld, KMV-Radebeul, KMV-Bamberg etc.) wenigstens eine gewisse Erleichterung. Natürlich liegt das auch in einer Jugendnostalgie begründet, als die KMV-Bände für mich kaum erschwinglich waren & ich eher zu den Ueberreuter-Taschenbüchern greifen mußte.

Bei den von Kurt angesprochenen Deckelbildern der heutigen KMV-Ausgabe stelle ich übrigens eine erfreuliche Tendenz fest, die Motive der Radebeuler Ausgabe wieder aufleben zu lassen.

Viele Grüße

Rolf
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