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Faksimile eines Gedichtsentwurfs

Verfasst: 5.1.2007, 20:24
von wolf
Hallo,

bei dem Nachlaß meiner Oma fanden wir auch eine 'Faksimile-Wiedergabe eines Gedichtsentwurfs von Karl May' (erster Entwurf), welches zeitweise im KMV-Band "Lichte Höhen" unter dem Titel "Prüfung" veröffentlicht wurde (z.B. in der 93. Tausend - Auflage).

Hier die Wiedergabe:

Bild

Als 'Übersetzung' müßte es wie folgt heißen:

Nimm, was du hier zu tragen hast,
Auf dich, und trag es gern und still;
Du weißt nicht, was mit dieser Last
Der Herr mit dir erreichen will.
Das Schiff geht übers weite Meer
Nur durch den Druck, der es bewegt,
Und macht man ihm die Ladung schwer,
So wirds vom Sturm nicht umgelegt.

Nimm, was du hier zu tragen hast,
Auf dich, und wirf es ja nicht fort,
Denn es hat diese jetzige Last
Einst haben Werth am Hafenort.
Die leichte Fahrt, die dich beglückt,
Bringt dir dort keinen Heller ein,
Und nur die Last, die dich bedrückt,
Wird dir sodann von Nutzen sein.


Im KMV-Band 49 "Lichte Höhen" wurde der geänderte Text wie folgt gedruckt:

PRÜFUNG

Nimm, was du hier zu tragen hast,
und trag es gern und trag es still!
Du weißt nicht, was mit dieser Last
der Herr dir weise schenken will.
Das Schiff geht übers weite Meer
nur durch den Druck, der es bewegt,
und macht man ihm die Ladung schwer,
so wird's vom Sturm nicht umgelegt.

Nimm, was du hier zu tragen hast,
auf dich und wirf es ja nicht fort,
denn einst hat diese schwere Last
noch hohen Wert am Hafenort!
Die leichte Fahrt, die dich beglückt,
bringt dir dort keinen Heller ein,
und nur die Last, die dich bedrückt,
wird dir dereinst von Nutzen sein.


Ist jemandem bekannt, ob dieser Faksimile-Gedichtsentwurf bereits irgendwo veröffentlicht wurde?
Und ob die veröffentlichte Änderung des Gedichtes (im Band 49) von Karl May selber stammt oder ob es sich um eine Bearbeitung Dritter handelt?

Gruß Wolfgang

Verfasst: 6.1.2007, 0:12
von rodger
- "hohen Werth" statt "haben Werth" muß es wohl heißen, auch schon in Karl Mays Fassung. -

Bei der Fassung in der früheren Ausgabe von "Lichte Höhen" (mit Wanderer, Sphinx und blauem Sternenhimmel auf dem Deckelbild) dürfte es sich um eine Bearbeitung Dritter handeln, da auch die "Himmelsgedanken" in früheren Ausgaben bearbeitet waren, worauf in der Einleitung zur Neuausgabe (mit Sphinx, mehreren Menschen und hellerem Himmel), in der sie unbearbeitet stehen, ausführlich eingegangen wird.

Das Gedicht (das mir übrigens gut gefällt und mich schon in früher Jugend ansprach; ich erinnere mich konkret) gehört nicht zu den originalen "Himmelsgedanken", wurde aber früher in Band 49 innerhalb dieser Sammlung untergebracht.

Ihr Beitrag hat mich veranlaßt, die alte Ausgabe von Band 49 einmal wieder vorzunehmen; es gibt in Sachen Karl May neben allerhand anderem wirklich interessante Dinge und befriedigende geistige Nahrung. - Auf S. 416 ist das Gedicht "Zum Alabasterzelt" abgedruckt, mit den schönen Versen "und hättet ihr gewußt, es gilt zu steigen - ich brächte euch aus Basra nicht heraus."

:wink: