Am Rio de la Plata / In den Cordilleren

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rodger
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Re: Am Rio de la Plata / In den Cordilleren

Beitrag von rodger »

... und es gibt auch noch allerhand mehr. Einfach "Kochta" in die Suchfunktion auf der Seite der KMG eingeben. Glückauf.
Thomas Math
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Re: Am Rio de la Plata / In den Cordilleren

Beitrag von Thomas Math »

" mache ich es gar nicht fest ... es steht nicht im Text, es steht im Subtext ...
Ja ja dieser famose Subtext, den nur manche besonders empfaengliche Menschen lesen /spueren koennen,so wie Erdstrahlen oder Wuenschelruten Wasseradern.
markus
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Re: Am Rio de la Plata / In den Cordilleren

Beitrag von markus »

Nicht traurig sein daß Sie zur Minderheit gehören die es nicht kann. Dafür können Sie sicher was anderes was andere nicht können, da bin ich sicher :wink: .
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rodger
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Re: Am Rio de la Plata / In den Cordilleren

Beitrag von rodger »

Das Erkennen von Subtexten, in der Literatur wie im Leben, kann anstrengend (im Leben will man manchmal vielleicht manches gar nicht so genau wissen, bzw., es wäre einem wohler, wenn man es nicht wüsste …), aber auch sehr reizvoll sein. Und viel Zeit sparen. [...]
Zuletzt geändert von rodger am 28.1.2011, 23:32, insgesamt 1-mal geändert.
rainer gladys
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Re: Am Rio de la Plata / In den Cordilleren

Beitrag von rainer gladys »

Zum Subtext möchte ich in diesem konkreten Fall nichts weiter sagen, außer dass ich ihn in diesem konkreten Fall nicht herauslese.
Aber die ganze Diskussion hat einen anderen Gedankengang bei mir ausgelöst:
Eine Besonderheit in dieser Szene scheint mir zu sein, dass Charley "heimlich" von der abschätzigen Meinung erfährt, die andere von ihm haben. Meistens ist es ja so, dass man ihm ins Gesicht sagt, dass er ein Greenhorn etc. sei, oder es ihm zumindest nicht verheimlicht. Und in diesen Fällen spürt man dann ja innere Schmunzeln Charleys und die Vorfreude auf den Augenblick, wenn den Anderen endlich die Augen aufgehen.

Bei den Fällen, wo er Lauscher an der Wand spielt, ist es hingegen meistens so, dass die Belauschten ihn entweder für gefährlich halten, oder ihn verlachen, weil er seine Feinde immer mit Nachsicht behandelt. Beides empfinden ja sowohl Charley als auch der Leser ja eher als Kompliment.
Gibt es weitere Fälle wie diesen Brief in Mays Werk, wo der Charley an der Wand seine eigne Schand hört, er also als naiv, tölpelhaft, dumm etc bezeichnet wird?
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rodger
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Re: Am Rio de la Plata / In den Cordilleren

Beitrag von rodger »

rainer gladys hat geschrieben:Eine Besonderheit in dieser Szene scheint mir zu sein, dass Charley "heimlich" von der abschätzigen Meinung erfährt, die andere von ihm haben. Meistens ist es ja so, dass man ihm ins Gesicht sagt, dass er ein Greenhorn etc. sei, oder es ihm zumindest nicht verheimlicht.
Richtig. Und bei der Sache mit dem Brief steckt - m.E. - [u.a.] so etwas dahinter wie: "Ich weiß halt auch um das, was Ihr mir nicht sagt, und habe auch damit kein Problem ..."

:D
Gibt es weitere Fälle wie diesen Brief in Mays Werk, wo der Charley an der Wand seine eigne Schand hört, er also als naiv, tölpelhaft, dumm etc bezeichnet wird?
Spontan fällt mir
Ich habe ein einziges Mal etwas künstlerisches schreiben wollen, mein "Babel und Bibel". Was war die Folge? Es ist als "elendes Machwerk" bezeichnet und derart mit Spott und Hohn überschüttet worden, als ob es von einem Harlekin oder Affen verfaßt worden sei.
aus "Mein Leben und Streben" ein. - Nun wird man vielleicht einwenden, das sei nicht direkt vergleichbar, da das eine eine Reiseerzählung und das andere eine autobiographische Schrift ist. Aber da sich diese Dinge sehr vermischen, und Mays "Reiseerzählungen" manchmal autobiographische Schriften sind (und umgekehrt ...) halte ich diesen Einwand für vernachlässigbar.
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rodger
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Re: Am Rio de la Plata / In den Cordilleren

Beitrag von rodger »

"Shatterhand ist ein alberner Wicht" hört er die heimlich geliebte (eine Art Haßliebe mit allerhand Schattierungen und scheinbaren Widersprüchlichkeiten; auch das steht nur im Subtext ...) Judith Silberstein in "Satan und Ischariot" über sich selber sagen ...
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rodger
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Re: Am Rio de la Plata / In den Cordilleren

Beitrag von rodger »

„Der Mensch mit dem dummen Gesicht, dem ich die Koje des Herkules anweisen mußte, soll Old Shatterhand sein? Sir, ich will alles glauben, alles, was Ihr mir sagt, doch dieses eine nicht, nein, niemals!“

(ebenfalls aus "Satan und Ischariot")
rainer gladys
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Re: Am Rio de la Plata / In den Cordilleren

Beitrag von rainer gladys »

Judas und Ischariot steht auf meiner May-Liste als nächstes zum Wiederlesen an. Neben dem ganzen Winnetou-in-Radebeul-und-Afrika-Teil, der mich als Jugendlicher natürlich besonders faszinierte, ist mir die Judith-Geschichte nur noch vage in Erinnerung geblieben. Ich freue mich schon, sie wiederzutreffen :-)
Das mit dem "dummen Gesicht" finde ich besonder gut - ich glaube das hat Charley so ähnlich auch noch in anderem Zusammenhang über sich gesagt, oder?

Das Zitat aus "Mein Leben und Streben" finde ich durchaus legitim. Ich sehe zwischen dem Erzähler der Reiseromane und dem der Autobiographie eigentlich sogar eine größere Verbindung als zwischen diesem Erzähler und Karl May.
Allerdings sehe ich das Zitat eher in einer Reihe mit den offenen "du bist ein Greenhorn"-Angriffen (wenn auch natürlich viel verletzender und schwerwiegender) als der unerwarteten Offenbarung, was andere heimlich von einem denken. In der Richtung gibt es in der Autobiographie (die ich überhaupt ncht parat habe) doch sicher einiges über Emma, Münchmeyer etc.
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rodger
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Re: Am Rio de la Plata / In den Cordilleren

Beitrag von rodger »

Das ist natürlich auch hübsch, wenn er in Winnetou II einen als sympathisch geschilderten Mitmenschen über Ohlerts Gedicht, dessen Verfasser ja bekanntlich May ist (und Ohlerts hier geschilderte Interessen sind Mays Interessen ...), sagen läßt

„Er fragte mich immerfort nach Gentlemen, die ich in meinem Leben noch nicht gesehen hatte, so zum Beispiel nach einem Nigger, Namens Othello, nach einer jungen Miß aus Orleans, Johanna mit Namen, welche erst Schafe weidete und dann mit dem König in den Krieg zog, nach einem gewissen Master Fridolin, welcher einen Gang nach dem Eisenhammer gemacht haben soll, nach einer unglücklichen Lady Maria Stuart, der sie in England den Kopf abgeschlagen haben, nach einer Glocke, die ein Lied von Schiller gesungen haben soll, auch nach einem sehr poetischen Sir, Namens Ludwig Uhland, welcher zwei Sänger verflucht hat, wofür ihm irgend eine Königin die Rose von ihrer Brust herunterwarf. Er freute sich, einen Deutschen in mir zu finden, und brachte eine Menge Namen, Gedichte und Theaterhistorien zum Vorscheine, von denen ich mir nur das gemerkt habe, was ich soeben sagte. Das ging mir Alles wie ein Mühlenrad im Kopfe herum. Dieser Master Ohlert schien ein ganz braver und ungefährlicher Mensch zu sein, aber ich möchte wetten, daß er einen kleinen Klapps hatte. Und endlich zog er ein Blatt mit einer Reimerei hervor, welche er mir vorlas. Es war da die Rede von einer schrecklichen Nacht, welche zweimal hinter einander einen Morgen, aber das drittemal keinen Morgen hatte. Es kamen da vor das Regenwetter, die Sterne, der Nebel, die Ewigkeit, das Blut in den Adern, ein Geist, der nach Erlösung brüllt, ein Teufel im Gehirn und einige Dutzend Schlangen in der Seele, kurz, lauter confuses Zeug, was gar nicht möglich ist und auch gar nicht zusammenpaßt. Ich wußte wirklich nicht, ob ich lachen oder ob ich weinen sollte.“
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rodger
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Re: Am Rio de la Plata / In den Cordilleren

Beitrag von rodger »

("Now we are talking!") (Zitat geklaut von W.H., 13.11.2010 andernorts)
rainer gladys hat geschrieben:Ich freue mich schon, sie wiederzutreffen :-)
Das kann ich gut verstehen ... (das Sequel, von dem bisher bekannt war, daß Judiths Enkelin beim Vizekönig als Sekretärin arbeitete, dann bei einem gewöhnlichen Krieger, der den in Ungnade gefallenen zwischenzeitlich ersetzte, später dann - zeitgemäß - einer Vizekönigin, wird nicht geschrieben ... inhaltlich sei nur noch angemerkt, daß Judith zwischenzeitlich aus Heiligsblech-Sternseh (Ortsnamen gibt's ...) in eine andere Stadt zog, wo schon andere ihr Herz verloren haben ... mit Biedermann und Kind, nein, das wäre uninteressant als Sujet ...)
Das mit dem "dummen Gesicht" finde ich besonder gut - ich glaube das hat Charley so ähnlich auch noch in anderem Zusammenhang über sich gesagt, oder?
Ja (hier reicht mein Gedächtnis und Suchgeschick momentan nun leider nicht für konkreteres aus ...).
Ich sehe zwischen dem Erzähler der Reiseromane und dem der Autobiographie eigentlich sogar eine größere Verbindung als zwischen diesem Erzähler und Karl May.
Ein interessanter und provokanter (für mich nicht ...) Satz ...

:D
In der Richtung gibt es in der Autobiographie (die ich überhaupt ncht parat habe) doch sicher einiges über Emma, Münchmeyer etc.
Zumindest von Emma sind einige deutliche Äußerungen überliefert ...
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rodger
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Re: Am Rio de la Plata / In den Cordilleren

Beitrag von rodger »

rodger hat geschrieben:
Ich sehe zwischen dem Erzähler der Reiseromane und dem der Autobiographie eigentlich sogar eine größere Verbindung als zwischen diesem Erzähler und Karl May.
Ein interessanter und provokanter (für mich nicht ...) Satz ...
Ups, ich glaub' ich hab's mißverstanden ... ich dachte zunächst es sei gemeint, der Erzähler der Reiseerzählungen sei näher an May als der Erzähler von 'Mein Leben und Streben' ... aber das steht ja gar nicht da ... manchmal denk' ich zu kompliziert ... da steht etwas anderes ... Also wenn ich's jetzt richtig verstanden habe dann ist der Satz doch auch für mich provokant. Aber kein Grund zur Aufregung.

:wink:
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Re: Am Rio de la Plata / In den Cordilleren

Beitrag von rainer gladys »

Für mich erzählt May sein Leben genauso, wie er seine Romane erzählt und wie er sich in der "Ich bin Old Shatterhand"-Phase seiner Popularität auch der Öffentlichkeit hin präsentiert hat. Der Mensch May nutzt diese Persona zu verschiedenen Zwecken (Verschleierung seiner Vergangenheit, Aufarbeitung der Konflikte seines Lebens, Ausleben seiner Fantasien, Geld verdienen). Ich finde die Herausarbeitung, wann er sie wie nutzt, sehr interssant - wie du ja auch Rüdiger. Für mich ist dazu aber nötig, May und Charley möglichst genau zu trennen. Nur so habe ich die Möglichkeit, Übereinstimmungen und Unterschiede zu erkennen.
Bei dir sehe ich die Tendenz, May und den Erzähler immer stärker zu verschmelzen, bis sie ununterscheidbar sind. Das birgt meiner Meinung nach u.a. die Gefahr, dass man die reine Abenteuerhandlung gar nicht mehr für sich genießen kann. Ich glaube, so etwas ähnliches hast du am Anfang dieses Threads auch geschrieben, dass du May gar nicht mehr anders lesen kannst.
Dadurch ist im Extremfall alles nur noch symbolisch (gleichnishaft ist wahrscheinlich korrekter) wahrnehmbar, während ich es lieber mit Herrn Freud und seiner Zigarre halte und manchmal eine Befreiungsaktion oder einen tückischen Brief einfach eine Befreiungsaktion oder einen tückischen Brief sein lasse.
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Re: Am Rio de la Plata / In den Cordilleren

Beitrag von rodger »

Da gibt es eine hübsche Szene in dem Film "Sommergäste" von Peter Stein nach Maxim Gorki,

"Was für einen hübschen Garten malen Sie da ..." - "Das ist kein Garten ..." - (Nach kurzer Irritation): "Ah, ich verstehe, der Garten ist also nur ein Symbol für etwas anderes, dahinter stehendes ..." - "Ich habe Ihnen doch gesagt es ist kein Garten ..."

Für mich steht, um es mal bündig auf eine kurze Formel zu bringen, eindeutig fest daß es z.B. in einem Südamerikaroman Karl Mays um allerhand geht, aber ganz gewiß letztlich nicht wirklich um Südamerika ... beim letzten Lesen vom 'Methusalem' (ich bin gerade zu faul wieder nachzugucken wie man 'K.K., das Ehrenwort' genau schreibt ...) habe ich erkannt oder sagen wir bescheidenerweise glaubte ich zu erkennen, daß es meerschtenteels verkappte "Gesellschaftskritik" (blödes Wort) an Deutschland ist, aber nicht an China ...
Bei dir sehe ich die Tendenz, May und den Erzähler immer stärker zu verschmelzen, bis sie ununterscheidbar sind.
Ach wo. Nur da wo sie halt in der Tat mehr oder weniger verschmelzen ... Daß er weder großartig reiten, schießen, den dicken Wilhelm markieren noch sonstnochwas konnte sondern im Grunde genommen ein armer Hund war, ein "armer, papierner Mensch" wie Otto Kreiner es schmerzlich auf den Punkt gebracht hat, sehe ich schon sehr deutlich ...
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